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Zur Entwicklung der studienspezifischen Selbstwirksamkeit in der Oberstufe

The development of study-specific self-efficacy during grammar school

Zusammenfassung

Immer mehr junge Menschen in Deutschland erwerben eine Studienberechtigung. Aber bei weitem nicht alle Jugendlichen mit einer Studienberechtigung gehen tatsächlich studieren. Der Übergang an eine Hochschule hängt in hohem Maße vom Familienhintergrund ab. Unter anderem trauen sich Schüler/innen aus nicht-akademischen Elternhäusern selbst bei gleichen Noten seltener ein Studium zu als Schüler/innen aus akademischen Elternhäusern. In dieser Studie untersuchen wir aufbauend auf wiederholten Befragungen von Schüler/innen der Oberstufe die Wirkung eines Studienorientierungsprogramms auf die Entwicklung der studienspezifischen Selbstwirksamkeit, einem Maß des Vertrauens in die eigene Fähigkeit, ein Studium erfolgreich zu meistern. Unsere Differenz-von-Differenzen-Befunde deuten darauf hin, dass die Teilnahme an dem Programm die studienspezifische Selbstwirksamkeit bei Jugendlichen aus einem nicht-akademischen Elternhaus verbessert hat, nicht jedoch bei Jugendlichen aus einem akademischen Elternhaus. Bestehende Disparitäten zwischen diesen beiden Gruppen wurden verringert.

Abstract

Even if more and more German adolescents acquire a university entrance qualification, not all of them finally enrol at a university. In particular, the transition from school to university strongly depends on parent’s education. Even with the same marks in school, adolescents from non-academic households are less likely to enrol in universities than adolescents from academic housholds. One important reason is their lower belief to master a university study. This study analyses a specific intervention in grammar school to improve study-specific self-efficacy, the belief in one’s capabilities to master a university study, using a longitudinal design. We apply a difference-in-difference framework and show that programme participation significantly improves the study-specific self-efficacy for puplis from non-academic families but not for those from academic families. Hence, such a programme could reduce social disparities between both groups.

1 Einleitung

Immer mehr junge Menschen in Deutschland erwerben eine Studienberechtigung.Footnote 1 Aber bei weitem nicht alle Jugendlichen mit einer Studienberechtigung gehen tatsächlich studieren. Beim Übergang auf die Hochschulen, die auch als vierte Schwelle bezeichnet wird, gibt es zudem signifikante Herkunftseffekte, darunter den Bildungsstand der Eltern. Nach den Analysen des Studentenwerks wechselten von 100 Jugendlichen, die eine Studienberechtigung an einem allgemeinbildenden Gymnasium, an einer Gesamtschule oder einem Fachgymnasium erworben haben, 84 an eine Hochschule, wenn sie eine Mutter oder einen Vater mit einem akademischen Abschluss haben, im Vergleich zu lediglich 37, wenn weder Mutter noch Vater einen akademischen Abschluss haben.Footnote 2 Die Übergangsquote an die Hochschulen war demnach für Oberstufenschüler/innen aus einer nicht-akademischen Herkunftsfamilie noch nicht einmal halb so hoch wie für Jugendliche aus einer akademischen Herkunftsfamilie.

Als wichtige Ursachen für diese soziale Disparität gelten bei gegebener Struktur des Bildungssystems die ökonomischen Ressourcen der Herkunftsfamilien und Sozialisierungseffekte durch die Familienumgebung. So hängt die Wahl zwischen Studium und Berufsausbildung von den erreichten Schulnoten ab, und diese wiederum hängen vom sozio-ökonomischen Hintergrund der Eltern ab.Footnote 3 Für Jugendliche aus einem akademischen Elternhaus scheint zudem das Motiv, einen sozialen Abstieg zu vermeiden, wirksam zu sein (Becker und Hecken 2009; Schindler und Reimer 2010), das bei den übrigen Jugendlichen entfällt. Schüler/innen aus nicht-akademischen Elternhäusern trauen sich selbst bei gleichen Schulleistungen seltener ein Studium zu als Jugendliche aus akademischen Herkunftsfamilien und entscheiden sich daher eher für eine Berufsausbildung (Becker 2010; Lörz 2012).

Jugendliche aus akademischen Herkunftsfamilien erhalten schon in der Familie Einblicke in den Hochschulalltag und eine akademische Tätigkeit. Die alltägliche Interaktion mit akademisch gebildeten Eltern trägt vielfach dazu bei, das Vertrauen in die Bewältigung eines Studiums zu stärken und befördert den Übergang an eine Hochschule. Jugendlichen aus einer nicht-akademischen Herkunftsfamilie stehen diese Erfahrungen nicht oder nicht in gleichem Umfang zur Verfügung. Insofern können Unterschiede in der Sozialisierung innerhalb der Familien zur Verstärkung sozialer Disparitäten beitragen, auch jenseits von finanziellen Einschränkungen und asymmetrischen Informationen zu Kosten und Nutzen eines Studiums.

Eine wissenschaftlich und auch bildungspolitisch kontrovers diskutierte Frage lautet, ob und wie dieses spezifische Vertrauen, ein Studium erfolgreich zu bewältigen (studienspezifische Selbstwirksamkeit)Footnote 4, bei gegebener Struktur des Bildungssystems und gegebenen staatlichen finanziellen Unterstützungsleistungen verbessert werden kann, um familiären Sozialisierungseffekten entgegenzuwirken.

An der Universität Bielefeld wurde ein Studienorientierungsprogramm entwickelt, das Jugendlichen in der Oberstufe helfen soll, aktiv eigene Einblicke ins Studium und auch in akademische Berufstätigkeiten zu erhalten, um durch eigene Anschauungen und Erfahrungen dieses Vertrauen herstellen oder verbessern zu können. Dieses Studienorientierungsprogramm heißt „Duales Orientierungspraktikum“ (Leitfaden Universität Bielefeld 2004; im Folgenden abgekürzt mit DOP) und wird an Schulen der Sekundarstufe 2 in Nordrhein-Westfalen eingesetzt. Im Rahmen der Maßnahme erhalten Schulen unter anderem Zuschüsse für Fahrtkosten zum Besuch einer Hochschule und zur Absolvierung eines Praktikums in einem Berufsumfeld, das zum gewählten Studium passt.

In der vorliegenden Studie untersuchen wir die Entwicklung des Vertrauens in die eigenen Fähigkeiten, ein Studium erfolgreich zu meistern, in der Sekundarstufe 2 und schätzen unseres Wissens erstmalsFootnote 5 den Einfluss, den eine Teilnahme an dem genannten Studienorientierungsprogramm DOP im Schuljahr 2011/12 auf die Entwicklung dieses Vertrauens ausgeübt hat. In der empirischen Untersuchung wird das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten mit der studienspezifischen Selbstwirksamkeit analog zum Konzept der berufsspezischen Selbstwirksamkeit von Rigotti et al. (2008) operationalisiert.

Die wiederholten Befragungsdaten umfassen eine Gruppe von Teilnehmer/innen am DOP im Schuljahr 2011/12, die im Schuljahr vor Beginn der Maßnahme und bis zu drei Jahre nach der Maßnahme im Zeitraum zwischen 2011 und 2014 von den Autoren erhoben wurden. Befragt wurden ferner zeitlich parallel Kontrollgruppen von Nichtteilnehmer/innen, um die direkte Wirkung des DOP mittels eines Differenz-von-Differenzen-Ansatzes abschätzen zu können. Der Datensatz enthält neben der studienspezifischen Selbstwirksamkeit aussagekräftige Informationen zum Schulerfolg (gemessen an Schulnoten), zum höchsten schulischen und beruflichen Abschluss der Eltern der Befragten, zur psychosozialen Unterstützung durch die Familie, zum kulturellen Kapital der Familie sowie weiteren Aspekten der Persönlichkeit der Befragten, die als Kontrollvariablen eingesetzt werden, darunter auch subjektive Einschätzungen zu Risiko- und Zeitpräferenzen.

Die ökonometrischen Befunde deuten darauf hin, dass die Teilnahme am Studienorientierungsprogramm DOP die studienspezifische Selbstwirksamkeit vor allem bei Jugendlichen aus einem nicht-akademischen Elternhaus verbessert hat. Bei Jugendlichen aus einem akademischen Elternhaus wurden in den erhobenen Daten keine signifikanten Wirkungen festgestellt. Da die eigene Untersuchung (siehe dazu Abschnitt 7) ebenso wie die Studien von Becker (2010), Lörz (2012) und Watermann und Maaz (2004) nahelegen, dass höhere Werte der spezifischen Selbstwirksamkeit den Übergang zur Hochschule befördern, scheint das untersuchte Programm DOP dazu beigetragen zu haben, soziale Disparitäten beim Hochschulzugang zu verringern.

Unsere Studie leistet einen originären Beitrag zum Verständnis ungleicher Zugänge zur Hochschule. Neben der studienspezifischen Selbstwirksamkeit werden in der Literatur weitere herkunftsspezifische Unterschiede in ihrer Relevanz für die Entscheidung Ausbildung oder Studium thematisiert. Nach Becker und Hecken (2009) und Schindler und Reimer (2010) schrecken die Studienkosten Arbeiterkinder ungleich stärker vom Studieren ab als Akademikerkinder.Footnote 6 Die Resultate der vorliegenden Studie ergänzen diese Befunde und legen nahe, dass beim Design von Maßnahmen zur Studienorientierung die studienspezifische Selbstwirksamkeit als relevante Determinante für den Übergang an die Hochschule beachtet werden sollte.

Der Rest des Textes hat folgenden Aufbau: In Abschnitt 2 wird das Duale Orientierungspraktikum vorgestellt. Abschnitt 3 erörtert das grundlegende Forschungsdesign sowie die Operationalisierung des verwendeten Messkonzepts der studienspezifischen Selbstwirksamkeit und der weiteren Kontrollvariablen. Abschnitt 4 stellt die Datenbasis und empirische Auswertungen vor. Die ökonometrischen Befunde zu den Wirkungen des DOP werden in Abschnitt 5 zur Diskussion gestellt, Robustheitstests in Abschnitt 6. In Abschnitt 7 wird die Bedeutung der studienspezifischen Selbstwirksamkeit für den Übergang auf die Hochschule erörtert. Die Schlussfolgerungen stehen in Abschnitt 8.

2 Das Studienorientierungsprogramm „Duales Orientierungspraktikum“ (DOP)

Das Duale Orientierungspraktikum (DOP) ist ein Studienorientierungsprogramm im Rahmen der nordrhein-westfälischen Initiative „Zukunft fördern. Vertiefte Berufsorientierung gestalten“, die Schüler/innen auf Ausbildung und Studium sowie auf die Anforderungen der Arbeitswelt vorbereiten soll. Die Initiative wurde Ende 2007 von der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen (RD NRW) der Bundesagentur für Arbeit (BA) sowie dem Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (MSW) ins Leben gerufen, um allgemein bildende weiterführende Schulen in Nordrhein-Westfalen bei der Vermittlung von Berufs- und Studienorientierung zu unterstützen (Runderlass MSW 2010).Footnote 7 Schüler/innen der Sekundarstufe 2 in Nordrhein-Westfalen sollen in ihrer Studienorientierung möglichst frühzeitig auf dem möglichen Weg zum Studium unterstützt werden. Schulen der Sekundarstufe 2 können sich für eine Teilnahme am DOP bewerben.

Das DOP besteht aus einem einwöchigen Besuch an einer Hochschule, in der die Schüler/innen mindestens einen Studiengang kennenlernen sollen. Im Anschluss absolvieren sie ein einwöchiges Betriebspraktikum in einem mit dem besuchten Studiengang korrespondierenden Berufsfeld. Aufgrund dieser beiden Bausteine heißt das Programm Duales Orientierungspraktikum. Schüler/innen sollen die Chance erhalten, das zum Studiengang gehörende berufliche Umfeld und die damit zusammenhängenden Anforderungen im Arbeitsalltag selbst aktiv kennen zu lernen.

Pro Schule können 20 Schüler/innen am Programm teilnehmen. Interessierte Schüler/innen können sich in ihren Schulen um eine Teilnahme bewerben. Sie erhalten vor Beginn und nach Abschluss der dualen Bausteine die Möglichkeit einer Beratung und Unterstützung durch den Lehrkörper. Während somit die grundlegende Struktur des DOP für alle Teilnehmenden vergleichbar ist, unterscheiden sich Inhalte und Orte der Maßnahme. Die ausgewählten Hochschulen, Fachrichtungen und Betriebe werden individuell festgelegt. Diese individuellen Bestandteile des DOP, jenseits der grundlegenden Bausteine, können mit den von uns erhobenen Daten nicht evaluiert werden.

Die Wirkungsmessung bezieht sich auf die grundlegenden Bausteine, die Schüler/innen in den Kontrollgruppen in dieser Zusammenstellung nach unserem Wissen nicht zur Verfügung standen. Im Fokus der nachfolgenden Analyse steht somit die Abschätzung des durchschnittlichen Maßnahmeneffektes der grundlegenden Bausteine des DOP. Die Evaluation bezieht sich auf die im Schuljahr 2011/2012 durchgeführte Maßnahme. Für diese Förderperiode bewarben sich 37 Schulen der Sekundarstufe 2 um eine Teilnahme, die alle in das Programm aufgenommen wurden. Alle interessierten Schüler/innen, die sich für die Maßnahme beworben hatten, konnten unseres Wissens auch tatsächlich teilnehmen (Matk et al. 2012). Die teilnehmenden Gymnasien und Gesamtschulen erhielten eine Entschädigung von 1500 Euro je Schule, die insbesondere für Fahrtkosten (Fahrten zu Hochschulen und Praktikumsstellen der Teilnehmenden) verwendet wurde. In begrenztem Umfang gewährte das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen zudem einen Stundenerlass für beteiligte Lehrkräfte.

3 Das Forschungsdesign

3.1 Differenz-von-Differenzen-Schätzer basierend auf wiederholten Befragungen von Teilnehmenden vor und nach der Maßnahme

Um die Wirkungen des DOP auf die studienspezifische Selbstwirksamkeit abzuschätzen, wurden im Rahmen der Forschungsprojekte zum DOP wiederholte Befragungen an den teilnehmenden Schulen und an Kontrollschulen durchgeführt. Die Befragungen wurden von den Autoren im Auftrag des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit (RD-NRW) im Rahmen der ZEW Projekte „Forschungsprojekt Duales Orientierungspraktikum“ und „Forschungsprojekt Duales Orientierungspraktikum – Übergangsprozesse“ im Zeitraum zwischen 2011 und 2014 erhoben.Footnote 8 Unser ökonometrisches Vorgehen zur Abschätzung der Rolle des DOP für die Entwicklung der Zielvariablen basiert auf diesen Längsschnitterhebungen, die an Schulen der Sekundarstufe 2 in Nordrhein-Westfalen durchgeführt wurden.

Die erste Erhebung fand im Schuljahr vor der Einführung der Maßnahme statt, im Frühjahr 2011. Zu diesem Zeitpunkt wurde unsereres Wissens die Maßnahme in den beteiligten Schulen noch nicht beworben bzw. Teilnehmende wurden noch nicht rekrutiert. Dies ist die Nullmessung (Welle 0). Von den im Schuljahr 2011/12 am DOP teilnehmenden 37 Schulen konnten 26 für die wiederholten Befragungen gewonnen werden.Footnote 9 Die zweite Erhebung (Welle 1) fand im Frühjahr 2012 statt, zu einem Zeitpunkt, zu dem die Maßnahme abgeschlossen war.

Wir verwenden einen Differenz-von-Differenzen-Ansatz, um abzuschätzen, wie groß der Effekt des DOP auf die studienspezifische Selbstwirksamkeit im Verhältnis zum allgemeinen Zeittrend dieser Größe ist. Es ist davon auszugehen, dass sich auch in den Kontrollgruppen die studienspezifische Selbstwirksamkeit mit einem Zeittrend verändert. Ein Erfolg von DOP ist umso höher (niedriger) zu bewerten, je höher (niedriger) der allgemeine Zuwachs des Selbstkonzepts für die Teilnehmenden im Vergleich zu den Nichtteilnehmenden ist. Die kritische Annahme des Schätzers ist die Unterstellung von parallelen Trends zwischen der Treatment- und Kontrollgruppe. Das impliziert, dass sich die studienspezifische Selbstwirksamkeit der Teilnehmenden ohne Teilnahme genauso entwickelt hätte wie bei den Nichtteilnehmenden.

Wie plausibel ist diese Annahme? Wir nehmen an, dass alle Schüler/innen, die in derselben Klassenstufe lernen, eine parallele Entwicklung in ihrer studienspezifischen Selbstwirksamkeit aufweisen, auch wenn die individuellen Niveaus differieren mögen. Der Differenz-von-Differenzen-Ansatz liefert unter dieser Annahme eine konsistente Abschätzung des gesuchten durchschnittlichen Effekts des DOP auf das Selbstkonzept in der Gruppe der teilnehmenden Jugendlichen. Ferner kann die Heterogenität des Maßnahmeneffekts in Bezug auf die Familienherkunft herausgearbeitet werden.

Wie bereits erwähnt, war die Teilnahme am DOP sowohl der Schulen als auch der Schüler/innen freiwillig. Von daher wird die Teilnahme durch Selektionseffekte auf diesen beiden Ebenen bestimmt. Diese Selektionseffekte können die Wirkungsmessung auf vielfältige Art und Weise beeinflussen. Man kann a priori nicht ausschließen, dass in der Berufs- und Studienorientierung besonders engagierte Schulen eher bereit sind, sich am DOP zu beteiligen. Ein starkes Engagement der Schulleitung in der Studien- und Berufsorientierung in den am DOP teilnehmenden Schulen könnte dazu beitragen, dass die Schüler/innen bereits vor Beginn des DOP eine höhere studienspezifische Selbstwirksamkeit für ein Studium aufweisen, selbst bei gleicher sozio-demografischer Zusammensetzung der Schülerschaft.

Solche Unterschiede zwischen den Schulen könnten dazu führen, dass der Zusatznutzen des DOP im Vergleich zu einer Ausgangssituation mit einem niedrigeren Engagement der Schule geringer ist. A priori kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Wirkung des DOP selbst in den engagierten Schulen noch verstärkt wird, beispielsweise wenn Schüler/innen neben dem DOP Zugang zu weiteren, komplementären Maßnahmen der Studienorientierung haben. Allerdings waren systematische und ausgeprägte Studienorientierungsmaßnahmen an Gymnasien und Gesamtschulen zu dieser Zeit eher selten anzutreffen. Eine entsprechende Befragung der Schulen ergab keine Hinweise auf systematische parallele Maßnahmen.Footnote 10

Auch auf der Ebene der Schüler/innen können sich Selektionseffekte ergeben. Hier lässt sich argumentieren, dass sich besonders solche Schüler/innen beteiligen, die von sich aus schon mehr Überlegungen zur beruflichen Zukunft angestellt haben als nichtteilnehmende Schüler/innen und daher bereits vor der Maßnahme höhere Werte bei der studienspezifischen Selbstwirksamkeit aufweisen. Es kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass sich vor allem Schüler/innen beteiligen, die in der studienspezifischen Selbstwirksamkeit unter dem Durchschnitt des Wertes in der Schülerschaft liegen, um erstmals Einblicke und Erfahrungen sammeln zu können. Um den Maßnahmeneffekt trotz dieser potentiellen Selektionsprobleme konsistent schätzen zu können, verwenden wir einen Differenz-von-Differenzen-Schätzer mit zwei unterschiedlichen Kontrollgruppen und weiteren individuellen Kontrollvariablen.

3.2 Zwei verschiedene Kontrollgruppen

Kontrollgruppe A besteht aus den Schüler/innen, die zwar an DOP-Schulen lernen, aber nicht selbst am DOP teilnahmen. Zudem wurde eine zweite Kontrollgruppe B aus Schüler/innen an nicht teilnehmenden Schulen befragt. In der Summe konnten in der ersten Welle 19 Kontrollschulen, die in den Jahren 2011 und 2012 nicht am DOP teilnahmen, für die Teilnahme an den Befragungen gewonnen werden.

Die Kontrollgruppe A hat den Vorteil, dass die Schüler/innen aus der gleichen teilnehmenden Schule stammen. Damit wird sichergestellt, dass die am DOP teilnehmenden und die nicht teilnehmenden Jugendlichen in dieser Kontrollgruppe im gleichem Schulumfeld lernen und gleiche oder vergleichbare Anregungen auch zur Studienorientierung erhalten. Die Annahme der parallelen Trends ist somit für diese Kontrollgruppe plausibel.

Kontrollgruppe A hat jedoch den Nachteil, dass eine Verzerrung der gemessenen Wirkung durch Peer-Effekte und damit einhergehende Spillovers nicht ausgeschlossen werden kann. Teilnehmende Schüler/innen könnten auch die studienspezifische Selbstwirksamkeit der nicht teilnehmenden Schüler/innen an dieser Schule beeinflussen, bspw. indem sich die Schüler/innen über ihre Erlebnisse während des DOP und ihre Zukunftspläne austauschen.Footnote 11 Kommt es zu Peer-Effekten, führt der Vergleich mit dieser Kontrollgruppe zu einer Unterschätzung des direkten Maßnahmeneffekts, weil zudem die Schüler/innen aus der Kontrollgruppe vom DOP profitiert haben, wenn auch auf indirektem Weg.

Spillover-Effekte auf Schulebene können bei Verwendung der Kontrollgruppe B mit großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, da die Kontrollgruppe B aus anderen Schulen stammt. Jedoch ist auch die Kontrollgruppe B unter Umständen nicht perfekt geeignet, den Maßnahmeneffekt ohne Verzerrung abzuschätzen. Möglicherweise selektieren sich vermehrt solche Schulen ins DOP, die regional in der Nähe einer Hochschule angesiedelt sind oder deren Schüler/innen bereits über eine im Mittel überdurchschnittliche studienspezifische Selbstwirksamkeit verfügen.Footnote 12 Die Plausibilität der Annahmen zur Selektion auf Schüler/innen- und Schulebene wird in den Robustheitschecks ausführlich diskutiert (Abschnitt 6).

3.3 Operationalisierung des Selbstkonzepts

Zur Operationalisierung des Vertrauens in die eigene Fähigkeit, ein Studium erfolgreich bewältigen zu können, greifen wir auf Erkenntnisse der Humankapitalforschung und der psychologischen Literatur zurück. Die Studien- und Berufsorientierung wird als Teil der Laufbahnentwicklung eines Menschen verstanden (vgl. Lüdtke et al. 2011; Savikas 2005; Super 1980  u. a.). Die Überlegungen und Reflexionen über die Frage Studium oder Berufsausbildung beginnen bereits vor dem Abschluss der Schule in der Oberstufe und verdichten sich dann allmählich zur tatsächlichen Entscheidung nach dem Verlassen der Schule. In die Entscheidung für ein Studium oder eine Ausbildung fließen somit mehrere einzelne Faktoren und Faktorengruppen ein, die in einem komplexen Zusammenspiel zusammenwirken.Footnote 13

Aus der Sicht der modernen Humankapitalforschung können kognitive und nicht-kognitive Kompetenzen (Cunha und Heckman 2007) unterschieden werden, die zur Entscheidungsfindung beitragen. Kognitive Kompetenzen dienen unter anderem dazu, die monetären und nicht-monetären Kosten und Nutzen eines Studiums auf möglichst rationale oder sachliche Art und Weise abzuschätzen. Daneben werden solche weitreichenden Entscheidungen auch von nicht-kognitiven Kompetenzen beeinflusst. Dazu zählen insbesondere Risiko- und ZeitpräferenzenFootnote 14, mit deren Hilfe die zu erwartenden Kosten- und Nutzenströme im Lebenszyklus bewertet werden, allgemeine persönliche Eigenschaften, wie etwa Gewissenhaftigkeit, sowie kontextspezifische Selbstkonzepte, in unserem Fall das Vertrauen in die Fähigkeit, erfolgreich zu studieren.Footnote 15

Zur Operationalisierung dieses Selbstkonzeptes greifen wir auf die „Occupational Self Efficacy Scale Short Form“ von Rigotti et al. (2008) zurück. Die in diesem Artikel (S. 252) abgedruckten sechs Fragen in deutscher Sprache beziehen sich auf berufliche Ziele und deren erfolgreiche Bewältigung im Berufsleben. Die sechs Fragen wurden übernommen und auf die erfolgreiche Bewältigung eines Studiums statt des Berufslebens abgeändert.

Ausgehend von den Selbsteinschätzungen möchten wir mit diesem Konstrukt den latenten psychologischen Zustand der „studienspezifischen Selbstwirksamkeit“ erfassen, der angibt, inwieweit sich Schüler/innen zutrauen, ein Studium erfolgreich zu bewältigen. Dieser veränderbare psychologische Zustand gibt in Kurzform eine ordinal skalierte Antwort auf die Frage, ob sich jemand ein Studium zutraut. Selbstwirksamkeit allgemein misst die subjektive Erwartung, aufgrund eigener Kompetenzen gewünschte Handlungen erfolgreich ausführen zu können (Bandura 1997, S. 3). Die studienspezifische Selbstwirksamkeit bezieht sich damit auf die Entscheidung, studieren zu gehen, und nicht auf die allgemeine Selbstwirksamkeit, um ggf. bestehende Hemmnisse im Selbstkonzept beim Übergang in die Hochschule zu analysieren.

Der einführende Text zur Erfassung des Selbstkonzeptes lautet: „In dieser Frage geht es um Ihre Einschätzungen und Sichtweisen zu den Anforderungen in einem Studium. Wir bitten Sie um diese Angaben, auch wenn Sie nicht vorhaben, zu studieren. Wie würden Sie mit den folgenden Situationen im Studium umgehen?“ Eine der sechs Fragen lautet: „Was auch immer im Studium passiert, ich werde schon klarkommen.“Footnote 16 In dem Fragebogen wurden für jede der sechs Fragen vier mögliche Antwortkategorien vorgegeben: trifft nicht zu (1), trifft kaum zu (2), trifft zu (3), trifft voll zu (4), während Rigotti et al. (2008) eine 6er-Antwortskala verwenden. Aus den sechs Fragen wird der Mittelwert des Selbstkonzepts der „studienspezifischen Selbstwirksamkeit“ ermittelt, der zwischen den Werten 1 und 4 variieren kann, wobei 4 ein Maximum und 1 ein Minimum an studienspezifischer Selbstwirksamkeit darstellt.Footnote 17 Cronbachs alpha der sechs Fragen zum Selbstkonzept beträgt 0,77 (Welle 0) bzw. 0,80 (Welle 1).

3.4 Operationalisierung der Kontrollvariablen

Die Definition aller Variablen sowie deren deskriptive Statistiken sind in Tab. 1 dargestellt. Spezifische Selbstkonzepte können sich im Laufe der Oberstufe ändern. Daher wurde in der Befragung auch die Jahrgangsstufe erfasst. Die Entscheidung für ein Studium hängt, das bestätigen andere Untersuchungen (Becker 2010; Watermann und Maaz 2004; Meyer und Thomsen 2014; Schindler und Reimer 2010; u. a.), des Weiteren von den Noten in der Oberstufe ab, sei es, weil die Zulassung zu bestimmten Studienfächern (beispielsweise Medizin) davon abhängt, oder weil besser Noten höhere Kompetenzen signalisieren, die wiederum zu einer besseren Abschätzung von Kosten und Nutzen beitragen können. Daher wurden die Noten für die grundlegenden Fächer in Deutsch und Mathematik im letzten Zeugnis abgefragt. Angegeben wurden die beiden Skalen 15 bis 0 und 1+ bis 6. Die Befragten konnten ihre Note ankreuzen.

Tab. 1 Variablenbeschreibung

Die Sozialisierung durch die Familienumgebung und die Ressourcen der Herkunftsfamilie können, wie bereits ausführlich diskutiert, die Entscheidung für oder gegen ein Studium beeinflussen, sei es, dass damit finanzielle Restriktionen abgebildet werden, oder, dass die Familienumgebung einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung kognitiver und nicht-kognitiver Kompetenzen und des Selbstkonzepts hat.

Der Bildungshintergrund der Eltern wurde für Mutter und Vater getrennt erfasst. Gefragt wurde nach dem höchsten beruflichen Abschluss. Dabei standen die Abschlussarten Hochschul-/Universitätsabschluss, Fachhochschulabschluss, Meisterprüfung, Technikerabschluss, Lehre oder gleichwertige Berufsausbildung, kein beruflicher Abschluss sowie die Antwortkategorie „ich weiß nicht“ zur Verfügung. Aus den validen Angaben wurde die Variable „Nicht-akademischer Abschluss“ generiert, die den Wert 1 hat, wenn weder die Mutter noch der Vater über einen Hochschul-/Universitätsabschluss oder einen Fachhochschulabschluss verfügte, und den Wert 0 sonst. Das kulturelle Kapital wurde wie in PISA (OECD 2014) mittels der Anzahl der Bücher im Haushalt erfragt. Die Einschätzung der Befragten hinsichtlich der emotionalen Unterstützung durch die Familie erfolgte mittels der „Scale of Perceived Social Support“ (Zimet et al. 1988; Cheng und Chan 2014; u. a.). Auch hier wurde ein Durchschnittswert der vier Teilfragen gebildet. Ferner wurde gefragt, ob ein Studien- oder Berufswunsch bereits seit der Kindheit vorlag.

Weiterhin zeigt die Forschung, dass neben dem Selbstkonzept Persönlichkeitseigenschaften wie Gewissenhaftigkeit, Offenheit oder emotionale Stabilität, die Entscheidung für einen akademischen Berufsweg beeinflussen können (Trautwein et al. 2009; Duckworth und Seligman 2005; u. a.). Von den sogenannten Big Five haben wir, aufbauend auf Fragen zur Selbsteinschätzung, Gewissenhaftigkeit und Offenheit sowie Neurotizismus erhoben.Footnote 18 Ferner wird die Einschätzung der eigenen Risikobereitschaft und der Geduld als Indikatoren von Risiko- und Zeitpräferenzen mittels einer 11-Likert Skala von gar nicht risikobereit beziehungsweise sehr ungeduldig (0) bis sehr risikobereit beziehungsweise sehr geduldig (10) ähnlich wie im Sozio-Oekonomischen Panel (Wagner et al. 2007) erfasst. Risiko- und Zeitpräferenzen spielen bei der Bewertung der zu erwartenden Kosten- und Nutzenströme im Lebenszyklus eine wichtige Rolle (siehe Pfeiffer und Stichnoth 2015; u. a.).

4 Deskription

4.1 Stichprobenumfang und Schätzstichprobe

Für die Zwecke der ökonometrischen Differenz-von-Differenzen-Analyse stehen in den Wellen 0 und 1 jeweils 1398 Beobachtungen aus der Gruppe der Teilnehmer/innen am DOP sowie den Kontrollgruppen A und B mit validen Angaben zu allen verwendeten Variablen zur Verfügung. In der ersten Welle, vor Einführung des DOP, erhielten alle rund 6000 Schüler/innen der Oberstufe an diesen Schulen die Gelegenheit, sich an der freiwilligen Befragung zu beteiligen. In der ersten Befragung lag die Ausschöpfung dieser Gruppe bei rund 63 Prozent oder 3732 ausgefüllten Fragebögen. Für 2221 Befragte liegen ausgefüllte Fragebögen für beide Wellen 0 und 1 vor (vergleiche Tab. 8 im Anhang). Davon finden 1398 Beobachtungen Eingang in die ökonometrische Analyse, da für diese Beobachtungen alle relevanten Variablen gefüllt sind. Besonders viele fehlende Werte gibt es bei den Angaben zur Bildung der Eltern, die essentiell für die Untersuchung sind.Footnote 19

Wir können nicht abschließend angeben, ob die Schätzstichprobe als Zufallsauswahl aus der Grundgesamtheit der am DOP teilnehmenden Schulen sowie von vergleichbaren nicht-teilnehmenden Schulen in deren Nachbarschaft gelten kann. Die relativ hohe Anzahl der Beobachtungen je Welle in der Schätzstichprobe erlaubt jedoch die Durchführung multivariater Regressionen mit Kontrollvariablen und entsprechenden Tests. Im Rahmen von Robustheitschecks haben wir zudem getestet, ob es einen Unterschied für die Schätzkoeffizienten macht, wenn für die Auswahl der Schätzstichprobe im Vergleich zur Ausgangsstichprobe in der ersten Befragungswelle kontrolliert wird (siehe Abschnitt 6).

4.2 Deskriptive Beschreibungen der Schätzstichproben

Tab. 1 fasst die Definitionen der studienspezifischen Selbstwirksamkeit, der DOP-Teilnahme, des Familienhintergrundes sowie die Kontrollvariablen in beiden Wellen zusammen und zeigt deren Durchschnitt und Standardabweichung in der Schätzstichprobe. Die studienspezifische Selbstwirksamkeit erreicht einen mittleren Wert von 2,79. Insofern kann von einer ausgeprägten studienspezifischen Selbstwirksamkeit der an der Befragung beteiligten Schüler/innen ausgegangen werden, die aber auch noch ausbaufähig ist.

Am DOP haben 11 Prozent der Befragten in der betrachteten Stichprobe teilgenommen.Footnote 20 Im Mittel sind die Befragten in der 11. Klassenstufe. Mit 61 Prozent überwiegen die Schülerinnen. 49 Prozent der Befragten, etwa die Hälfte, haben keinen akademischen Familienhintergrund, da weder die Mutter noch der Vater über einen Hochschulabschluss verfügt. Im Mittel leben die Schüler/innen in einer Familie mit einer Anzahl Bücher, die etwas mehr als ein kleines Regal füllt. Die selbst empfundene Unterstützung durch die Familie erreicht einen mittleren Wert von 2,90. Das deutet auf eine relativ hohe familiäre Unterstützung hin. 44 Prozent der Befragten geben an, dass sie bereits seit der Kindheit einen Berufs- oder Studienwunsch haben. Die mittleren Noten in Deutsch und Mathematik liegen im Bereich Befriedigend plus (etwa 9 Punkte). Die Werte für die Dimensionen der Persönlichkeit deuten auf eine im Vergleich zum mittleren Wert (2,5) ausgeprägte Gewissenhaftigkeit und Offenheit hin. Die Werte für die nicht-kognitiven Kompetenzen Geduld und Risikopräferenz liegen zwischen 6 und 7.

Tab. 2 zeigt die Ausprägungen der Variablen zwischen den am DOP teilnehmenden Schüler/innen sowie den Schüler/innen beider Kontrollgruppen A und B in der Welle 0 (also im Schuljahr vor der späteren Teilnahme am DOP). Die letzte Spalte enthält die Ergebnisse eines bivariaten t‑Tests auf Gleichheit der Ausprägungen in den Spalten 2 und 3.

Tab. 2 Deskription der Variablen, Welle 0; Teilnehmer am DOP und Kontrollgruppen

Die am DOP teilnehmenden Schüler/innen haben im Mittel eine signifikant höhere studienspezifische Selbstwirksamkeit als die Nichtteilnehmenden. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen liegt bei 0,10. Der Anteil der Schüler/innen mit einem nichtakademischen Elternhintergrund ist acht Prozentpunkte höher bei den am DOP Teilnehmenden als in den Kontrollgruppen. Am DOP nehmen sodann mehr Schülerinnen teil. Weiter fällt auf, dass teilnehmende Schüler/innen im Mittel bessere Noten in Mathematik haben als die Nichtteilnehmenden, jedoch nicht in Deutsch. Bei dem kulturellen Kapital und der Selbsteinschätzung der Unterstützung durch die Familie unterscheiden sich die beiden Gruppen nicht statistisch signifikant. In der Teilnehmergruppe sind mehr Befragte, die bereits seit der Kindheit einen Berufswunsch haben, als in den Kontrollgruppen. Während sich die Persönlichkeitseigenschaften Gewissenhaftigkeit, Offenheit und Neurotizismus bei am DOP Teilnehmenden und Nichtteilnehmenden nicht statistisch unterscheiden, scheinen die Teilnehmenden geduldiger, jedoch weniger risikofreudig als die Nichtteilnehmenden zu sein.

Zusammenfassend zeigen die deskriptiven Ergebnisse der Tab. 2 somit signifikante Unterschiede in den Ausprägungen der studienspezifischen Selbstwirksamkeit und einiger Kontrollvariablen, die bereits vor der Teilnahme am DOP bestehen. Abb. 1 verdeutlicht ergänzend die Verteilung der Werte der studienspezifischen Selbstwirksamkeit in Welle 0 für die Gruppe der Befragten, deren Eltern keinen akademischen Abschluss haben, im Vergleich mit den Befragten, deren Eltern einen akademischen Abschluss haben. Die Gruppe der Befragten, deren Eltern einen akademischen Abschluss haben, verfügt nicht nur im Mittel über eine höhere studienspezifische Selbstwirksamkeit als die andere Gruppe. Der Unterschied ist über die gesamte Verteilung der studienspezifischen Selbstwirksamkeit sichtbar. Der mittlere Unterschied beträgt 0,14 (2,87–2,73), etwa fünf Prozent der studienspezifischen Selbstwirksamkeit in der Stichprobe (2,79; Tab. 1), und ist signifikant.

Abb. 1
figure 1

Studienspezifische Selbstwirksamkeit (x) in Abhängigkeit vom Elternhintergrund (vor Beginn der Maßnahme). Kerndichteschätzung; N = 707 für Befragte mit akademischem Elternhintergrund; Mittelwert der studienspezifischen Selbstwirksamkeit 2,87, N = 691 für Befragte mit nicht-akademischem Elternhintergrund; Mittelwert der studienspezifischen Selbstwirksamkeit 2,74; bivariater t‑Test auf Unterschiedlichkeit 5,21. Datenquelle: Welle 0 der eigenen Erhebungen im Rahmen der Forschungsprojekte zum DOP

Tab. 3 zeigt die deskriptive Zerlegung des Differenz-von-Differenzen-Schätzers, also die Entwicklung der studienspezifischen Selbstwirksamkeit in Welle 0 und 1 sowie deren erste Differenz getrennt für Teilnehmende und Nichtteilnehmende. Diese Werte werden für die gesamte Stichprobe sowie für die Stichprobe der Befragten gezeigt, deren Eltern keinen akademischen Abschluss haben, und ergänzend für die Kontrollgruppen A und B getrennt.

Tab. 3 Deskriptive Zerlegung der Differenzen

Drei Ergebnisse sind aus unserer Sicht vor allem von Bedeutung. Erstens verfügen die Teilnehmenden in beiden Wellen über eine signifikant höhere studienspezifische Selbstwirksamkeit als die Nichtteilnehmenden, wobei die Differenz von Welle 0 zu Welle 1 von 0,10 auf 0,14 steigt. Zweitens ergeben sich bei den Befragten, deren Eltern über keinen akademischen Abschluss verfügen, niedrigere Werte der studienspezifischen Selbstwirksamkeit im Vergleich zur gesamten Stichprobe. Davon gibt es jedoch die bemerkenswerte Ausnahme bei den Teilnehmenden in Welle 1. Hier erreichen die Befragten, die keinen akademischen Hintergrund haben, den höchsten mittleren Wert (2,97). Die 1. Differenz ist in Welle 1 deutlich höher als in Welle 0 (0,25 vs. 0,14). Der einfache Differenzenschätzer, ohne Beachtung der Kontrollvariablen, deutet somit bereits auf eine mögliche höhere Wirksamkeit von DOP in der Gruppe der Befragten ohne akademischen Elternhintergrund hin. Die Zunahme der studienspezifischen Selbstwirksamkeit in dieser Gruppe beträgt 0,10 (der Wert ist in Tab. 3 nicht ausgewiesen), eine Steigerung um 3,5 Prozent im Vergleich zur ersten Befragungswelle.

Schließlich unterscheiden sich die Werte zwischen den Befragten der beiden Kontrollgruppen A und B kaum. Dieses Resultat werten wir als einen ersten empirischen Hinweis dafür, dass die Bedeutung von Peer-Effekten und Schulunterschieden gering ist, die ansonsten zu verzerrten Schätzungen beitragen können. Es verdeutlicht den Zusatznutzen der beiden Kontrollgruppen zur Abschätzung des Maßnahmeneffekts.

5 Ökonometrische Befunde

Tab. 4 zeigt die Ergebnisse der Differenz-von-Differenzen-Schätzungen für drei Spezifikationen der Determinanten der studienspezifischen Selbstwirksamkeit. Variante (1) enthält nur die Teilnahme am DOP, die Variable Welle 1 sowie den durchschnittlichen Treatment-Effekt für alle Teilnehmer (allgemeiner Treatment-Effekt = Interaktionsterm DOP × Welle 1). Variante (2) enthält zusätzlich die Variable „Eltern mit einem nichtakademischen Hintergrund“, deren Interaktionsterme mit DOP und Welle 1 sowie den durchschnittlichen Treatment-Effekt für die Gruppe der Befragten, deren Eltern keinen akademischen Hintergrund haben (Treatment-Effekt nicht-akademischer Elternhintergund = Interaktionseffekt DOP × Welle 1 × Eltern mit einem nicht-akademischen Hintergrund). Variante (3) enthält ferner ausgehend von Variante (2) alle weiteren Kontrollvariablen. Alle Schätzungen enthalten Schul-Fixed-Effekte, um möglichen unterschiedlichen Ansätzen der Studienorientierung in den Schulen Rechnung zu tragen. Die Koeffizienten der individuellen Kontrollvariablen stehen zwar nicht im Vordergrund der Untersuchung, können aber helfen, weitere Determinanten (neben der Teilnahme am DOP) des Selbstkonzepts zu verstehen.

Tab. 4 Differenz-von-Differenzen-Schätzung des Maßnahmeneffekts auf die studienspezifische Selbstwirksamkeit mit beiden Kontrollgruppen

Variante (1) deutet darauf hin, dass die Teilnahme am Studienorientierungsprogramm DOP keinen signifikanten Einfluss auf die studienspezifische Selbstwirksamkeit aller Teilnehmenden hatte. Variante (2) hingegen verdeutlicht, dass das DOP unterschiedlich bei Teilnehmenden mit und ohne akademischen Elternhintergrund wirkt. Obwohl der allgemeine Treatment-Effekt insignifikant bleibt, hat das DOP einen signifikanten Einfluss auf die studienspezifische Selbstwirksamkeit der Teilnehmenden, deren Eltern keinen akademischen Abschluss haben (Treatment-Effekt: nicht-akademischer Bildungshintergrund). Die Effektstärke beträgt ceteris paribus 0,131 und kompensiert damit den empirischen Unterschied zwischen Studierenden mit und ohne akademischen Hintergrund im Schuljahr vor Beginn des Studieninformationsprogramms (siehe Abb. 1). Werden die Kontrollvariablen eingefügt (Variante (3)) bleibt der Effekt signifikant, und die mittlere Effektstärke verändert sich nur unwesentlich (0,129 statt 0,131). Somit scheint das DOP in der hier verwendeten Stichprobe zu einem Abbau bestehender sozialer Disparitäten beim Hochschulzugang beigetragen zu haben, indem es das Vertrauen, ein Studium erfolgreich zu bewältigen, bei Teilnehmenden aus nichtakademischen Elternhäusern befördert hat.

Die individuellen Kontrollvariablen sind alle signifikant. Schülerinnen erreichen bei Konstanz aller übrigen Variablen niedrigere Werte bei der studienspezifischen Selbstwirksamkeit als Schüler. Bei einer ausgeprägten Unterstützung durch die Familie, bei einem höheren kulturellen Kapital in der Familie und auch in dem Fall, in dem der Berufswunsch bereits in der Kindheit vorhanden war, ist die studienspezifische Selbstwirksamkeit ceteris paribus, das heißt auch bei gleichem Bildungsstand der Eltern, deutlich ausgeprägter. Bessere Noten in Deutsch und Mathematik korrelieren partiell mit einer höheren studienspezifischen Selbstwirksamkeit, ebenso wie höhere Werte bei Gewissenhaftigkeit und Offenheit sowie niedrigere Werte beim Neurotizismus. Mehr Geduld korreliert partiell mit einem höheren Selbstkonzept, ebenso wie eine höhere Risikobereitschaft.

Um potentiellen Verzerrungen durch Peer-Effekte aufzudecken, untersuchen wir nun die beiden Kontrollgruppen A und B getrennt. Tab. 5 enthält die Ergebnisse der Schätzvariante drei, die alle Kontrollvariablen enthält, getrennt für die beiden Kontrollgruppen A und B. Für den im Fokus stehenden geschätzten Treatment-Effekt nichtakademischer Elternhintergrund (Koeffizient der Interaktionsvariable DOP × Welle 1 × Eltern mit einem nicht-akademischen Hintergrund) ergeben sich für die beiden Kontrollgruppen A und B nahezu identische Schätzwerte (0,127 und 0,130). Beide Koeffizienten sind zudem zum fünf-Prozent-Niveau signifikant. Der allgemeine Treatment-Effekt bleibt insignifikant. Auch die Schätzwerte der übrigen Koeffizienten in beiden Schätzungen liegen bei der Mehrzahl der Kontrollvariablen relativ nahe beieinander, ein Hinweis darauf, dass in den Schätzungen für wesentliche beobachtete Determinanten der studienspezifischen Selbstwirksamkeit kontrolliert wird, oder darauf, dass wichtige unbeobachtete Determinanten ähnlich wirken.

Tab. 5 Differenz-von-Differenzen-Schätzung des Maßnahmeneffekts auf die studienspezifische Selbstwirksamkeit getrennt für die beiden Kontrollgruppen

Aufgrund theoretischer Überlegungen (siehe Abschnitt 3) kann der Schätzwert mit den Beobachtungen der Kontrollgruppe A die wahre Wirkung unterschätzen, insbesondere wenn es zu Peer-Effekten kommt. Peer-Effekte können bei der Schätzung mit der Kontrollgruppe B unserer Ansicht nach mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Daher deuten die ähnlichen Treatment-Effekte mit den beiden Kontrollgruppen darauf hin, dass es zu keiner Überschätzung gekommen ist. Die Ergebnisse können somit als Untergrenze der Wirkung interpretiert werden.

Zusammenfassend lässt sich aus den ökonometrischen Befunden schließen, dass das DOP die studienspezifische Selbstwirksamkeit der Teilnehmenden ohne akademischen Hintergrund verbessert hat. Eine Wirkung für Teilnehmende mit einem akademischen Elternhintergrund konnte nicht nachgewiesen werden. Die geschätzte Stärke des Effekts entspricht etwa dem empirischen Unterschied in der studienspezifischen Selbstwirksamkeit zwischen den beiden Schülergruppen vor der Maßnahme. Insofern scheint das DOP einen Beitrag zum Abbau sozialer Disparitäten beim Hochschulzugang durch die Förderung der studienspezifischen Selbstwirksamkeit bei Schüler/innen aus nicht-akademischen Elternhäusern geleistet zu haben. Der geschätzte Treatment-Effekt ist für beide Kontrollgruppen gleich hoch, ein Hinweis auf die Konsistenz der Schätzung. Weitere Robustheitstests werden in Abschnitt 6 zur Diskussion gestellt.

6 Robustheitschecks

Wir führen drei Robustheitsuntersuchungen durch, um die Plausibilität der in Kapitel 3 diskutierten Annahmen zur Konsistenz der Differenz-von-Differenzen-Schätzungen zu analysieren. Wenn die Annahmen verletzt sind, können die Wirkungen nicht mehr konsistent geschätzt werden.

Im ersten Robustheitscheck untersuchen wir die Selektivität auf der Schulebene. Theoretisch ist es nicht eindeutig, ob sich eher die Schulen, die in der Studienorientierung aktiver oder inaktiver sind, ins Programm selektieren und welchen Einfluss der Schultyp auf den Zusatznutzen des Programms hat. Denkbar ist, dass sich eher Schulen in das Programm selektiert haben, die bereits aktiv in der Studienorientierung sind und die das DOP als willkommene Ergänzung angesehen haben. Denkbar ist aber auch, dass sich eher Schulen angesprochen fühlen, die noch keine expliziten Maßnahmen zur Studienorientierung anbieten. Die Eigenaktivitäten der Schule sollten einen positiven Effekt auf das Niveau der Studienorientierung bereits vor Beginn des Programms haben. Die unterschiedlichen Ausgangsniveaus in der studienspezifischen Selbstwirksamkeit werden durch die Schul-Fixed-Effekte kontrolliert. Solange diese Niveauunterschiede den Zusatznutzen des Programms nicht beeinflussen, bleibt die Konsistenz des Differenz-von-Differenzen-Schätzers erhalten.

A priori ist jedoch unklar, ob die übrigen Aktivitäten der Schule die Wirkung des DOP verstärken (Komplementarität zwischen den anderen Aktivitäten der Schule und dem DOP) oder verringern (Substitution zwischen den anderen Aktivitäten der Schule und dem DOP). Falls es abnehmende Grenzerträge in der Wirkung gibt, wird ein Programm dann einen höheren (niedrigeren) Zusatznutzen generieren, je seltener (häufiger) vergleichbare Angebote in der Schule vorliegen. Auch kann die studienspezifische Selbstwirksamkeit möglicherweise nicht unendlich gesteigert werden (Ceiling-Effekt). Überwiegt in den teilnehmenden Schulen die Substitution, dann stellt der geschätzte Effekt eine Unterschätzung der Programmwirkung in allen Schulen dar. Überwiegt dagegen die Komplementarität, dann stellt der geschätzte Effekt eine Überschätzung der isolierten Programmwirkung dar.

Um Hinweise zum Ausmaß möglicher Verzerrungen durch diesen Wirkungskanal zu erhalten, ergänzen wir unsere Kernregression (Schätzvariante 3 in Tab. 4) mit einer Abschätzung des schulspezifischen Zusatznutzens durch das DOP. Zusätzlich zu den Schul-Fixed-Effekten werden bei den beiden relevanten Variablen „DOP-Teilnahme“ und „nicht-akademischer Elternhintergrund“ die jeweiligen Schuldurchschnitte der Variablen von den individuellen Ausprägungen abgezogen. Der neue Treatment-Effekt kontrolliert nun für den schulspezifischen Zusatznutzen (Ozer-Balli und Soerensen 2013).

Tab. 6, Modell 1 zeigt den Treatment-Effekt nicht-akademischer Elternhintergrund für diese Modellspezifikation. Der geschätzte Treatment-Effekt steigt von 0,13 auf 0,17. Folgt man der Interpretation von oben, dann ist das ein Hinweis dafür, dass in der Schätzstichprobe der Substitutionseffekt überwiegt. Der in Tab. 4 ermittelte Effekt stellt daher auch aus dieser Sicht eine Untergrenze der Wirkung des DOP dar. Diese Interpretation ist außerdem konsistent zum Befund, dass der geschätzte Treatment-Effekt nicht-akademischer Elternhintergrund unter Verwendung der Kontrollgruppen A und B eine ähnliche Größenordnung hat. Die Kontrollgruppe A unterschätzt den Effekt eher, da Peer-Effekte nicht ausgeschlossen werden können. Da Kontrollgruppe B zu einem ähnlichen Treatment-Effekt nicht-akademischer Elternhintergund kommt, ist auch dort eine Unterschätzung wahrscheinlich.

Tab. 6 Robustheitsschätzungen

Als nächstes schätzen wir mögliche Selektionsverzerrungen auf der Individualebene ab. Dabei müssen grundsätzlich zwei Mechanismen unterschieden werden: ein inhaltlicher (zweiter Robustheitscheck) und ein befragungstechnischer (dritter Robustheitscheck). Der inhaltliche Mechanismus kommt durch eine mögliche Selbstselektion von Schüler/innen in das Programm zustande, die sich durch die Teilnahme einen höheren Zusatznutzen erhoffen. Bei den Teilnehmenden handelt es sich in dem Fall nicht mehr um eine Zufallsauswahl aus der Schülerschaft. Ohne Kontrolle der Selbstselektion würde in dem Fall der Maßnahmeneffekt überschätzt. Der befragungstechnische Mechanismus resultiert aus der Auswahl der Schätzstichprobe aus der zugrundeliegenden Schüler/innenpopulation. A priori kann es sich um Zufallsauswahl handeln, oder auch nicht. Beide Mechanismen können auch zusammen wirksam werden und die Schätzung des Treatment-Effekts verzerren.

Im zweiten Robustheitscheck beleuchten wir die Selbstselektion der Schüler/innen in das DOP. Diese war auch ein Thema in der ergänzenden qualitativen Untersuchung der Wirkung des DOP im Rahmen des ZEW Forschungsprojekts zum DOP (vgl. Matk et al. 2012). In 15 zufällig ausgewählten Treatment-Schulen, die sich für eine ergänzende Untersuchung bereit erklärten, wurden Interviews mit Schüler/innen und Lehrkräften durchgeführt. Die Ergebnisse der Interviews deuten darauf hin, dass nur solche Selektionsvariablen, die wir bereits in die Schätzung aufgenommen haben, darunter die studienspezifische Selbstwirksamkeit, Aspekte der Persönlichkeit und die Schulnoten, wirksam für die Selektion ins Programm waren. Daher gehen wir davon aus, dass die wesentlichen Selektionsvariablen in den Schätzgleichungen berücksichtigt wurden.

Jedoch kann eine Selektionsvariable, wie zum Beispiel die Gewissenhaftigkeit, nicht nur einen Niveaueffekt haben, der in den bisherigen Schätzgleichungen berücksichtigt wurde, sondern auch zusätzlich den Programmeffekt beeinflussen. Aber auch in diesem Fall ist es a priori aus theoretischen Überlegungen nicht eindeutig zu klären, ob eine Selektionsvariable den Programmeffekt eher verstärkt (Komplementarität) oder abschwächt (Substitution). Ein Test jeder einzelnen Selektionsvariablen würde einen zusätzlichen Interaktionsterm erfordern, was auf Kosten der Lesbarkeit der Ergebnisse geht. Stattdessen wenden wir zur Abschätzung der Bedeutung der Selektion der Schüler/innen in das DOP eine Omnibusmethode an. Dabei werden alle Selektionsvariablen aus der Variable „Teilnahme am DOP“ herausgerechnet. Das Residuum dieser Regression wird dann in der Schätzgleichung anstelle der originären individuellen Programmteilnahme verwendet. Dadurch kann zwar keine einzelne Variable als möglicher weiterer Wirkfaktor identifiziert werden, jedoch erlaubt die Methode eine allgemeine Aussage zu möglichen Selektionsverzerrungen aufgrund beobachtbarer Merkmale (Ozer-Balli und Soerensen 2013).

Tab. 6, Modell 2 zeigt den geschätzten Treatment-Effekt nicht-akademischer Elternhintergrund mit dieser Methode. Der Treatment-Effekt steigt moderat an, von 0,13 auf 0,15. Die Selektion ins Programm scheint somit tendenziell zu einer Unterschätzung des Programmeffekts für Schüler/innen aus nicht-akademischen Elternhäusern zu führen. Wahrscheinlich haben sich vor allem solche Schüler/innen in das Programm selektiert, die bereits eine relativ hohe studienspezifische Selbstwirksamkeit besaßen. Der Zusatzeffekt durch das Programm fällt in dieser Gruppe etwas geringer aus als in der Gruppe der Schüler/innen aus nicht-akademischen Elternhäusern insgesamt.

Der dritte Robustheitscheck, die Abschätzung der Selektion in das Schätzsample ist schwieriger, da Daten zu Schüler/innen, die nicht an der freiwilligen Befragung teilnahmen, nicht zur Verfügung stehen. Behelfsweise kann jedoch der Unterschied zwischen den Schüler/innen in der Schätzstichprobe und denjenigen, die an der ersten Befragung, jedoch nicht an der zweiten Befragung teilnahmen, helfen, die Relevanz der Zugehörigkeit zur Schätzstichprobe abzuschätzen. An beiden Klassenraumbefragungen nahmen zwar in etwa die gleiche Anzahl an Schüler/innen teil, jedoch war es in den Schulen logistisch nicht immer möglich, alle Schüler/innen einer Schule zu befragen. Einige Kurse konnten wegen anderweitiger Verpflichtungen nur an einer der beiden Befragungen teilnehmen, Schüler/innen waren bei einer Befragung abwesend oder verweigerten eine Befragung. Daher kann die Gruppe derjenigen Schüler/innen, die nur an der Nullmessung, aber nicht an der Folgemessung teilnahmen, als Proxy dienen, um die Bedeutung der Selektion in die Schätzstichprobe abzuschätzen.

Um dies ökonometrisch zu bewerkstelligen, werden in einem ersten Schritt Determinanten der Selektion in die Schätzstichprobe geschätzt. Dabei werden die gleichen Variablen wie bisher verwendet.Footnote 21 Als Ergebnis wird die vorhergesagte Wahrscheinlichkeit, in der Schätzstichprobe zu sein, ermittelt, und daraus die Inverse der Mills Ratio berechnet. Die Inverse der Mills Ratio wird analog zu einer Heckman-Korrektur als zusätzliche Variable in die Schätzung des Treatment-Effekts eingesetzt (Tab. 6, Model 3). Die Resultate dieser Vorgehensweise deuten darauf hin, dass die Inverse der Mills Ratio zwar signifikant ist, jedoch keinen nennenswerten Einfluss auf den Treatment-Effekt nicht-akademischer Elternhintergrund ausübt. Im Vergleich mit Tab. 4 Spezifikation (3) zeigt sich nahezu kein Unterschied. Daher scheint die Selektion in die Schätzstichprobe keinen verzerrenden Einfluss auf die Ergebnisse zu haben. Einschränkend muss aber darauf hingewiesen werden, dass kein valides Instrument für die Selektionsgleichung zur Verfügung steht, und der Selektionseffekt daher vorwiegend über die funktionale Form bestimmt wird.

In der Summe bestätigen die drei Robustheitstests den Befund von Abschnitt 5, dass die zentralen Ergebnisse eher konservativer Natur sind. Nach unserer Interpretation stellt der gefundene Treatment-Effekt „nicht-akademischer Elternhintergrund“ vermutlich eine Untergrenze der tatsächlichen durchschnittlichen Wirkung des DOP dar.

7 Die studienspezifische Selbstwirksamkeit und der Übergang auf die Hochschule

In diesem Abschnitt möchten wir ergänzend auf ein Ergebnis der Online-Befragung (Welle 2) hinweisen, das die Bedeutung der studienspezifischen Selbstwirksamkeit für den Übergang an eine Hochschule beziehungsweise in eine Ausbildung dokumentiert und im Einklang mit der Forschung steht. Bisherige Studien haben gezeigt, dass höhere Werte des akademischen Selbstkonzepts bei ansonsten gleichem sozio-ökonomischen Hintergrund die Wahrscheinlichkeit erhöhen, auf die Hochschule zu wechseln (u. a. Dickhäuser 2006; Trautwein et al. 2006). Wie stellt sich der Zusammenhang in unserer Untersuchung dar? Für eine Analyse des Übergangs auf eine Hochschule oder in eine Berufsausbildung unmittelbar nach Abschluss der Schule stehen im Rahmen der Welle 2 166 valide Beobachtungen aus der bisherigen Schätzstichprobe zur Verfügung.

Von den 166 Jugendlichen haben sich 126 (76 Prozent) auf einer Hochschule eingeschrieben und 40 (24 Prozent) haben eine Ausbildung begonnen. Die studienspezifische Selbstwirksamkeit, gemessen in der Welle 1 (also noch während der Oberstufe, aber nach der Teilnahme am DOP), ist unter den Befragten, die studieren, bei einem Wert von 2,94 stärker ausgeprägt als unter den Befragten, die eine Ausbildung absolvieren (2,56). Der Unterschied von 0,38 ist statistisch signifikant. Abb. 2 verdeutlicht die Unterschiede in der Verteilung der Variablen zwischen diesen beiden Gruppen von Befragten über die gesamte Verteilung. Je höher die studienspezifische Selbstwirksamkeit ist, desto eher findet demnach ein Übergang ins Studium statt.

Abb. 2
figure 2

Studienspezifische Selbstwirksamkeit (x) nach dem Übergang in eine Ausbildung in ein Studium. Kerndichteschätzung; N = 40 für Befragte in einer Ausbildung, Mittelwert der studienspezifischen Selbstwirksamkeit 2,56; N = 126 für Befragte in einem Studium, Mittelwert der studienspezifischen Selbstwirksamkeit 2,94; bivariater t‑Test auf Unterschiedlichkeit 3,64. Datenquelle: Wellen 1 und 2 der eigenen Erhebungen im Rahmen der Forschungsprojekte zum DOP

8 Schlussfolgerungen

In den letzten fünfzehn Jahren hat in der Bundesrepublik der Anteil junger Menschen mit einer Studienberechtigung beständig zugenommen. Jedoch gehen nicht alle Jugendlichen mit einer Studienberechtigung auch tatsächlich studieren. Unter anderem ist das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, ein Studium erfolgreich zu meistern, eine relevante Determinante der Studienentscheidung. Dieses Vertrauen ist bei Jugendlichen aus einem nicht-akademischen Elternhaus geringer ausgeprägt als bei Jugendlichen aus einem akademischen Elternhaus.

In der vorliegenden Studie wird gezeigt, dass dieses Vertrauen, gemessen mit der studienspezifischen Selbstwirksamkeit, durch das Studienorientierungsprogramm DOP in der Gruppe der Oberstufenschüler/innen aus einem nicht-akademischen Elternhaus zugenommen hat, bei gleicher Schule, gleicher Unterstützung durch die Familie, gleichen Noten und gleichen Aspekten der Persönlichkeit. Obwohl das DOP eine vergleichsweise einfach strukturierte Maßnahme ist, belegen unsere Ergebnisse, dass damit soziale Disparitäten beim Übergang von der Sekundarstufe 2 in die tertiäre Bildung abgebaut wurden. Durch die aktive Teilnahme an Vorlesungen mit einem eigenständigen Kennenlernen einer Hochschule sowie einem korrespondierenden Praktikum verbunden mit Gesprächen mit Lehrkräften konnte die studienspezifische Selbstwirksamkeit in der Gruppe der Schüler/innen aus bildungsfernen Elternhäusern verbessert werden. Gerade in dieser Gruppe lag die studienspezifische Selbstwirksamkeit vor der Maßnahme im Mittel deutlich unterhalb der Gruppe der Schüler/innen aus bildungsnahen Elternhäusern.

Von bildungspolitischem Interesse ist das weitere Resultat, dass in der Gruppe der teilnehmenden Schüler/innen aus bildungsnahen Herkunftsfamilien keine Wirkung des DOP nachgewiesen wurde. Die Vermutung liegt nahe, dass in dieser Gruppe bereits der Austausch mit den akademisch gebildeten Eltern im Mittel zu einer höheren studienspezifischen Selbstwirksamkeit beigetragen hat. Jedenfalls konnte durch eine Teilnahme am DOP keine weitere Steigerung nachgewiesen werden.

Aus unserer Sicht sind die ökonometrischen Befunde trotz ihrer Signifikanz jedoch vorläufiger Natur. Erstens wurde nur eine Maßnahme, diejenige des Schuljahres 2011/12, betrachtet. Zweitens wurde bisher nur der unmittelbare Übergang in die Hochschule nach Abschluss der Schulzeit untersucht. Mittel- und langfristige Wirkungen konnten nicht erforscht werden. Da es sich unseres Wissens um die erste Untersuchung des Zusammenhangs zwischen dem hier verwendeten Selbstkonzept der studienspezifischen Selbstwirksamkeit und seiner Verbesserung durch ein Studienorientierungsprogramms handelt, erscheinen weitergehende Untersuchungen angemessen, die andere Konstrukte verwenden, um fundierte Politiken zum Abbau sozialer Disparitäten in die Wege leiten zu können. Dazu zählen auch Studien, die Aufschluss darüber geben können, wie eine Maßnahme wie das DOP im Vergleich bspw. zu einer generellen Erhöhung der staatlichen Ausbildungsförderung zum Abbau sozialer Disparitäten abschneidet.

Notes

  1. Im Jahre 2012 lag die Zahl der Studienanfängerinnen und Studienanfänger bei 495 Tsd. – 180,5 Tsd. mehr als 2000 (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2014, S. 297). Die Studienanfängerquote (Personen eines Jahrgangs, die studieren, im Verhältnis zu allen Personen des Jahrgangs) lag bei 53,6 des Altersjahrgangs; im Jahre 2000 lag dieser Wert erst bei 33,2 % (dito).

  2. Diese Werte beruhen auf Daten der 19. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes aus dem Jahre 2009 (Bundesministerium für Bildung und Forschung 2012, S. 110 f.).

  3. Becker (2010), Blomeyer et al. (2013), Watermann und Maaz (2004), Schindler und Reimer (2010), u. a.. In jüngster Zeit wird untersucht, ob die Verkürzung der Schulzeit an Gymnasien (G8-Reformen) den Übergang in die tertiäre Bildung beeinflusst hat (Meyer und Thomsen 2014; Thiel et al. 2013). Büttner und Thomsen (2015) finden unter anderem, dass die G8-Reform die Mathematik-, aber nicht die Deutschnoten verschlechtert haben. Interaktionseffekte mit dem Elternhintergrund wurden unseres Wissens nicht untersucht.

  4. Forschungen legen die Vermutung nahe, dass spezifische akademische Selbstkonzepte (auch als Fähigkeitsselbstkonzepte bezeichnet, Dickhäuser 2006) bessere Prädiktoren für den Schulerfolg und auch den Übergang an Hochschulen sind als übergeordnete allgemeine Selbstkonzepte, insbesondere als das allgemeine Selbstvertrauen, wenngleich die umfangreiche Evidenz nicht völlig einheitlich scheint (u. a. Dickhäuser 2006; Trautwein et al. 2006).

  5. Für eine Übersicht über die in Deutschland verfügbaren Datensätze zur Erforschung der Übergänge zwischen Schule und Beruf sowie zu den Forschungspotentialen des Nationalen Bildungspanels (NEPS) siehe Wagner et al. (2011), sowie Schnabel et al. (2002) und Watermann und Maaz (2004) für frühere Studien (siehe auch Abschnitt 3.3).

  6. Investitionen in ein Studium sind kostspielig und ein Studium dauert in der Regel länger als eine Ausbildung. Die Erträge fallen zudem später an und sind mit Unsicherheiten behaftet (siehe Pfeiffer und Stichnoth 2015; Pfeiffer und Pohlmeier 2011; u. a.). Um die Abhängigkeit von den finanziellen Familienressourcen für eine solche Investition zu mindern, gibt es in Deutschland die staatliche Ausbildungsförderung (BAföG) sowie die Studienkredite, die auf der Kostenseite entlastend wirken dürften (Borgloh et al. 2011). Nach den Untersuchungen von Riphahn und Schieferdecker (2012) aufbauend auf Stichproben aus dem Sozio-ökonomischen Panel (SOEP) und von Lörz (2012) aufbauend auf den Daten des Hochschul-Informations-Systems haben auch die Einkommen der Herkunftsfamilien einen Einfluss für die Aufnahme eines Studiums.

  7. Für eine Übersicht der Programme der Berufsorientierung der BA siehe Kupka und Wolters (2010).

  8. Siehe auch Matk et al. (2012) sowie Mohrenweiser und Pfeiffer (2014). Wir danken dem IAB und der Regionaldirektion für die großzügige Unterstützung des Forschungsprojektes sowie für die Erlaubnis, die Daten für Forschungszwecke zu verwenden, wobei den Erfordernissen des gesetzlichen Datenschutzes genüge getan wurde.

  9. Im Rahmen des ersten Forschungsprojektes zum DOP wurden alle am DOP teilnehmenden Schulen kontaktiert, um sie für eine Befragung zu gewinnen. 26 von 37 Schulen entschieden sich für eine Befragung. Ob die so erhaltene Stichprobe von etwa 70 Prozent der teilnehmenden Schulen als repräsentativ für alle teilnehmenden Schulen gelten kann, kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden (siehe Matk et al. 2012). Bei den ersten beiden Befragungen handelt es sich um eine Klassenraumbefragung mit Fragebögen in Papierform. Im Anschluss daran wurde im Frühjahr 2013 eine Folgeerhebung bei den Schüler/innen, die 2012 kurz vor ihrem Abschluss waren, durchgeführt, um den Werdegang nach Abschluss der Schule zu erfassen. Des Weiteren wurde im Frühjahr 2014 eine Folgeerhebung bei den übrigen Schüler/innen durchgeführt. Diese Folgeerhebungen, die als Onlinebefragung durchgeführt wurde, stellen die Welle 2 dar. Die Welle 2 enthält somit Beobachtungen aus den Jahren 2013 und 2014, wobei die meisten Beobachtungen aus dem Jahre 2014 stammen.

  10. Siehe Matk et al. (2012). Beim Programmstart gab es an Schulen in Deutschland bereits mehrere Maßnahmen der Berufsorientierung (Kupka und Wolters 2010). Im Jahr 2009 betrugen die Ausgaben der Bundesagentur für Arbeit dafür rund 66 Millionen Euro (dito S. 8). 85 Prozent aller Maßnahmen fanden in den Schulen der Sekundarstufe 1 statt, nur drei Prozent in der Sekundarstufe 2 (dito S. 17).

  11. Peer-Effekte an Schulen wurden bereits vielfach untersucht, siehe beispielsweise Christofides et al. (2015) und Ammermüller und Pischke (2009) sowie die dort zitierte Literatur.

  12. Um solche Selektionsprozesse der Schulen ins DOP kontrollieren zu können, wurde die folgende Vorgehensweise gewählt. Für alle teilnehmenden DOP-Schulen wurden Kontrollschulen in unmittelbarer Nachbarschaft, in der Regel aus der gleichen Stadt oder dem gleichen Kreis, kontaktiert. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass die so hinzugespielten Schulen der Sekundarstufe 2 etwa in gleicher Distanz zu einer teilnehmenden Hochschule liegen, so dass es keine signifikanten Unterschiede in den regionalen Mobilitätskosten geben sollte. Des Weiteren wurde dafür Sorge getragen, dass die Kontrollschulen in ihrer Größe (Anzahl der Schüler/innen) und ihrem Typ (Gymnasium oder Gesamtschule) vergleichbar mit den teilnehmenden Schulen sind. Zudem handelt es sich um solche Schulen, die an keinem anderen dem DOP ähnlichen Programm der Initiative „Zukunft fördern“ teilgenommen haben.

  13. Auch Zufälle oder unvorhergesehene Ereignisse können die Entscheidungen beeinflussen. Lüdtke et al. (2011) sprechen in ihrer Untersuchung der Übergangsprozesse bereits im Titel von einem „random walk down university avenue“, also von einer Irrfahrt auf die Hochschule. Zufallsfaktoren können keineswegs ganz ausgeschlossen werden. Daneben üben die Ressourcen der Herkunftsfamilie weiterhin einen signifikanten Einfluss auf den Weg auf die Hochschule aus, sei es durch eine bessere materielle Absicherung der Investitionsrisiken, sei es durch ihren Einfluss auf die Schulergebnisse oder das akademische Selbstkonzept.

  14. Die Entwicklung kognitiver und nicht-kognitiver Kompetenzen im Lebenszyklus wird vielfach als synergetischer und kumulativer Prozess verstanden (Bandura 1997; Cunha und Heckman 2007; Pfeiffer 2010; u. a.). Das trifft auch auf die Entwicklung der Fähigkeitsselbstkonzepte zu (Dickhäuser 2006, u. a.). Dohmen et al. (2010) verdeutlichen, dass Zeit- und Risikopräferenzen (negative) signifikante Korrelationen mit kognitiven Kompetenzen aufweisen. Zur intergenerationalen Transmission von Zeitpräferenzen vgl. auch Kosse und Pfeiffer (2012, 2013).

  15. Für eine Diskussion akademischer Selbstkonzepte sowie der Begriffe Selbstvertrauen und Selbstkonzepte vgl. u. a. Dickhäuser (2006) und Trautwein et al. (2006).

  16. In Rigotti et al. (2008, S. 252) lautet die vergleichbare Frage: „Was auch immer in meinem Berufsleben passiert, ich werde schon klarkommen.“ Alle sechs Fragen sind in Tab. 7 im Anhang dokumentiert.

  17. In der Längsschnittstudie „Bildungsverläufe und psychosoziale Entwicklung im Jugendalter und jungen Erwachsenenalter“ (BIJU) wurde ein akademisches Selbstkonzept verwendet, das als „wahrgenommene Verhaltenskontrolle“ bezeichnet wird (Schnabel et al. 2002). Das Konstrukt basiert auf drei Fragen, die uns freundlicherweise von Olaf Köller und Gabriel Nagy übermittelt wurden. Sie lauten: „Ein Studium ist eine Aufgabe, bei der ich mich bewähren kann“, „Ein Studium ist eine Aufgabe, bei der ich mich endlich entfalten kann“, „Ein Studium ist eine Aufgabe, bei der ich meine Stärken realisieren kann“. Das Konstrukt fand Eingang in die im Schuljahr 2001/02 in Baden-Württemberg begonnene Längsschnittstudie „Transformation des Sekundarschulsystems und akademische Karrieren“ (TOSCA). Watermann und Maaz (2004) zeigen, dass dieses Selbstkonzept einen signifikanten Beitrag zur Erklärung der Studienintention in der Oberstufe leistet. Dieses Selbstkonzept hat Ähnlichkeiten mit der hier verwendeten „studienspezifischen Selbstwirksamkeit“, weist aber auch Unterschiede auf. Ob und in welchem Ausmaß sich die spezifischen Selbstkonzepte tatsächlich unterscheiden, kann erst durch weitere Forschungen geklärt werden.

  18. Bei den Big Five handelt es sich um fünf Dimensionen der Persönlichkeit (siehe McCrae und Costa 2010). Neurotizismus spiegelt individuelle Unterschiede im Erleben von negativen Emotionen wider und wird auch als emotionale Labilität bezeichnet. Der Gegenpol ist emotionale Stabilität und Zufriedenheit. Mit Offenheit werden das Interesse und das Ausmaß der Beschäftigung mit neuen Erfahrungen, Erlebnissen und Eindrücken zum Ausdruck gebracht. Personen mit hoher Gewissenhaftigkeit handeln sorgfältig, organisiert, zuverlässig und überlegt, während Personen mit geringer Gewissenhaftigkeit eher unsorgfältig, unachtsam und ungenau sind. In der Befragung haben wir uns auf diese drei Maße beschränkt, die häufig eine signifikante Korrelation mit Bildungsergebnissen aufweisen (ähnlich Trautwein et al. 2009, u. a.).

  19. Sehr häufig fehlen zudem Angaben zur Variable Migrationshintergrund, die wir aus diesem Grund nicht in die weiteren Analysen aufgenommen haben. Wir haben uns auch gegen eine Imputation der fehlenden Werte entschieden, die aus unserer Sicht wegen den damit verbundenen Annahmen nicht zu einer Verbesserung der Schätzung beiträgt. In Kapitel 6 werden weitere Analysen zur möglichen Bedeutung der Selektivität der Stichprobe für die Wirkungsschätzung zur Diskussion gestellt.

  20. In den DOP-Schulen betrug die Teilnahmequote 15,1 Prozent.

  21. Die Ergebnisse der Selektionsgleichung werden von den Autoren bei Bedarf zur Verfügung gestellt.

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Danksagung

Die in dieser Studie benutzten Daten wurden vom ZEW im Auftrag des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit (RD-NRW) im Rahmen der Forschungsprojekte „Duales Orientierungspraktikum“ und „Duales Orientierungspraktikum – Übergangsprozesse“ im Zeitraum zwischen 2010 und 2014 erhoben. Wir danken dem IAB und der RD-NRW für die großzügige Unterstützung der beiden Forschungsprojekte. Ferner danken wir dem Förderkreis Wissenschaft und Praxis am ZEW e. V. für die finanzielle Unterstützung des Projekts „Analyse der Studienorientierung in der gymnasialen Oberstufe“, die wesentlich zur Fertigstellung der vorliegenden Studie beigetragen hat. Für die hier dargelegten Sichtweisen sind ausschließlich die Autoren verantwortlich. Sie stimmen nicht notwendigerweise mit denen des IAB, der RD-NRW oder des Förderkreises überein. Wir möchten uns zudem ganz herzlich bei Klaus Peter Becker, Philipp Selent, Timo Steglitz und Karsten Reuß für die hervorragende Unterstützung in den genannten Forschungsprojekten bedanken, die die vorliegende Studie erst ermöglicht hat, sowei bei Bettina Schuck, Maresa Sprietsma und Dieter Timmermann und zwei anonymen Gutachter/innen für wertvolle Anmerkungen zu einer früheren Version der Studie. Verbleibende Fehler und Unzulänglichkeiten gehen ausschließlich zu Lasten der Autoren.

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Corresponding authors

Correspondence to Jens Mohrenweiser or Friedhelm Pfeiffer.

Anhang

Anhang

Tab. 7 Fragen der Selbstwirksamkeit, angepasst von Rigotti et al. (2008)
Tab. 8 Angaben zur Grundgesamtheit und zu den Stichproben

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Mohrenweiser, J., Pfeiffer, F. Zur Entwicklung der studienspezifischen Selbstwirksamkeit in der Oberstufe. J Labour Market Res 49, 77–95 (2016). https://doi.org/10.1007/s12651-016-0204-2

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