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Volume 47 Supplement 1-2

20 years of IAB Establishment Panel – Payoffs and Perspectives / 20 Jahre IAB-Betriebspanel – Erträge und Perspektiven

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Beschäftigungsanpassung in deutschen Betrieben: Flexibler als gedacht?

Employment adjustment in German firms: more flexible than we thought?

Zusammenfassung

Der Zusammenhang zwischen der Beschäftigungsentwicklung auf der einen Seite und den Einstellungen und Entlassungen auf der anderen Seite ist wichtig für das Verständnis der Entwicklung der Arbeitslosigkeit in Rezessionen. Obwohl die Anzahl der Einstellungen und Entlassungen in Deutschland viel niedriger ist als in den USA, entspricht der Zusammenhang zwischen der Beschäftigungsentwicklung und den Einstellungen und Entlassungen weitestgehend dem Muster, das dort beobachtet wird (Davis et al. 2006, 2012). Es unterscheidet sich dementsprechend stark von dem in Frankreich (Abowd et al. 1999). Insbesondere Jüngere mit kürzerer Betriebszugehörigkeitsdauer, niedrigerem Schulabschluss, niedrigeren Löhnen in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen werden freigesetzt, wenn sich Betriebe hinsichtlich der Beschäftigtenzahl verkleinern, wenngleich dies nicht ausschließlich gilt.

Abstract

The relationship between the dynamics of employment on the one side and hirings and separations on the other side is crucial for the dynamics of unemployment and the labour market response to recessions. Although the average level of hiring and separation is much lower in Germany than in the US, as expected, we find that the relationship between employment growth and worker flows in German establishments is very similar to the behavior of US establishments described in Davis et al. (2006, 2012), and quite different to the behavior of French establishments described in Abowd et al. (1999). Especially younger employees with shorter tenure, primary-level qualification, lower wages and non-standard employment contracts are laid off during phases of negative employment growth, but not exclusively.

1 Einleitung

Es wird oft behauptet, dass ein entscheidender Unterschied zwischen dem US-amerikanischen und den kontinental-europäischen Arbeitsmärkten in der betrieblichen Anpassungsfähigkeit des Beschäftigungsniveaus besteht. Beispielsweise argumentieren Pries und Rogerson (2005), dass die Arbeitskräftemobilität in Europa wesentlich niedriger sei als in den USA, obwohl sich die Arbeitsplatzmobilität ähnele; dies könne teilweise durch politische Maßnahmen und institutionelle Unterschiede wie Mindestlöhne und Entlassungskosten erklärt werden. In Europa sind die Eintrittsraten in die Arbeitslosigkeit niedriger, dafür ergeben sich aber auch längere Arbeitslosigkeitsdauern. Die betrieblichen Einstellungs- und Entlassungsraten sind in Europa ebenfalls niedriger als in den USA.

Auf der makroökonomischen Ebene trägt die Möglichkeit der Betriebe, Arbeitskräfte in einer Rezession zu entlassen und sie in einer Boomphase wieder einzustellen, zu den konjunkturellen Schwankungen der Eintritte in die Arbeitslosigkeit bei. Dabei finden Darby et al. (1986), dass die konjunkturellen Schwankungen der Arbeitslosigkeit durch die Eintritte in die Arbeitslosigkeit bestimmt werden, die Wahrscheinlichkeit für Entlassungen über den Konjunkturzyklus variiert. Im Unterschied dazu präsentieren Hall (2005) und Shimer (2007) empirische Evidenz dafür, dass die Eintritte in Arbeitslosigkeit relativ unabhängig vom Konjunkturzyklus sind und dass die Erhöhung des Arbeitslosenbestands in einer Rezession hauptsächlich auf die geringere Abgangsrate aus der Arbeitslosigkeit zurückzuführen ist. Fujita und Ramey (2009) liefern allerdings Evidenz dahingehend, dass die Eintritte in Arbeitslosigkeit keineswegs konjunkturunabhängig sind. Schließlich erklären Elsby et al. (2009) die konjunkturellen Schwankungen der Arbeitslosigkeit sowohl mit den Eintritten in und Austritten aus der Arbeitslosigkeit. Diese Studien beziehen sich auf die USA. Die unterschiedlichen Ergebnisse zeigen, dass die Diskussion über die Arbeitskräfteströme im Konjunkturverlauf, aber auch allgemein, bei weitem noch nicht abgeschlossen ist. Für Europa würde die These der geringen Arbeitskräftemobilität implizieren, dass die Eintritte in die Arbeitslosigkeit geringer ausfallen sollten als in den USA.

Auf der mikroökonomischen Ebene erlaubt die zunehmende Verfügbarkeit von detaillierten Unternehmens- und Betriebsdaten, die mit Beschäftigtenangaben verknüpft werden können, die Untersuchung des betrieblichen Einstellungs- und Entlassungsverhaltens in Abhängigkeit von Veränderungen des Beschäftigungsniveaus. Für die USA haben sowohl Burgess et al. (2001, 11) als auch Davis et al. (2006, 17) gezeigt, dass der Abbau von Beschäftigung mit der Zunahme von Entlassungen bewältigt wird, während der Anstieg der Beschäftigung mit Einstellungen verbunden ist. Die Stabilität dieser Beziehungen ist bemerkenswert. Die davon abweichenden empirischen Ergebnisse für Frankreich von Abowd et al. (1999) sind für uns eine weitere Motivation für eine Untersuchung der Zusammenhänge zwischen der betrieblichen Beschäftigungsentwicklung und den Einstellungen und Entlassungen für Deutschland. Wir verwenden dafür die Daten des IAB-Betriebspanels und der Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA). Außerdem betrachten wir Beziehungen zwischen Arbeitskräfte- und Arbeitsplatzmobilität in Abhängigkeit unterschiedlicher Gruppen von Arbeitskräften, da diese z. B. unterschiedlich stark durch die gesetzlichen Kündigungsschutzregelungen vor Entlassungen geschützt sind.

Der Aufbau dieses Beitrags ist folgender: Im nächsten Abschnitt wird der empirische Ansatz präsentiert und ein Literaturüberblick gegeben. Im dritten Abschnitt gehen wir auf die Datengrundlage unserer Untersuchungen ein. Im vierten Abschnitt werden die Beziehungen zwischen Arbeitskräfte- und Arbeitsplatzmobilität auf der Grundlage des IAB-Betriebspanels untersucht. Im fünften Abschnitt betrachten wir negative Beschäftigungsanpassungen für unterschiedliche Beschäftigtengruppen. Der letzte Abschnitt enthält die Schlussfolgerungen und einen Forschungsausblick.

2 Empirischer Ansatz und Literaturüberblick

Die betriebliche Beschäftigungsanpassung in den USA verläuft nach einem recht einfachen Muster. Während die Reduktion der Anzahl der Beschäftigten über eine Erhöhung der Personalabgänge herbeigeführt wird, erfolgt eine Erhöhung der Beschäftigung in erster Linie durch eine Erhöhung der Personalzugänge. In Bellmann et al. (2011) können wir zeigen, dass dies auch für Deutschland gilt. Konzeptionell greifen wir dabei auf einen empirischen Standardansatz zurück (siehe z. B. Hamermesh et al. 1996; Abowd et al. 1999 und Burgess et al. 1999).

Es ist dabei zunächst N it die Anzahl der Beschäftigten in Betrieb i zum Zeitpunkt t. Die Beschäftigungsänderung in Betrieb i zwischen t−1 und t bezeichnen wir mit ΔN it . Treffen wir vereinfachend die Annahme, dass die Arbeitsplätze im Betrieb identisch sind und es keine unbesetzten Stellen gibt, dann gibt die Beschäftigungsänderung gleichzeitig auch ein Maß für die Arbeitsplatzfluktuation in den Betrieben an. Anders ausgedrückt: Für ΔN it =1 hat der Betrieb einen Arbeitsplatz geschaffen, für ΔN it =−1 hat der Betrieb einen Arbeitsplatz vernichtet.

Da auch bei einer gegebenen Anzahl an Arbeitsplätzen Beschäftigte neu in den Betrieb eintreten und andere den Betrieb verlassen, liefert die Beschäftigungsänderung eine Unterschätzung der Arbeitskräftefluktuation. Um diese zu messen, betrachten wir die Personalzugänge in Betrieb i zwischen t−1 und t (H it ) und die Personalabgänge in Betrieb i zwischen t−1 und t (S it ). Es zeigt sich dann, dass die netto Arbeitsplatzfluktuation der netto Arbeitskräftefluktuation entspricht, d. h. ΔN it =H it S it . Die Summe der Personalzugänge und -abgänge, also die (brutto) Personalfluktuation H it +S it , dürfte jedoch in vielen Fällen deutlich höher sein. Der Umfang der Personalfluktuation, der zu keiner Änderung in der Anzahl der Beschäftigten führt, wird als ChurningFootnote 1 bezeichnet. Reduziert sich nun z. B. die Anzahl der Beschäftigten in einem Betrieb um eine Person, indem ein Mitarbeiter den Betrieb verlässt und kein neuer Mitarbeiter dazu kommt (S it =1, H it =0), so haben wir kein Churning. Geht hingegen dieselbe Beschäftigungsänderung mit H it =1 und S it =2 einher, dann beobachten wir ein Churning in Höhe von 2 Mitarbeitern.

Für unsere Berechnungen standardisieren wir schließlich die Größen folgendermaßen:

$$\begin{aligned} &h_{it} = \frac{H_{it}}{\text{0,5}( N_{it} + N_{it -1} )} \\ &s_{it} = \frac{S_{it}}{\text{0,5}( N_{it} + N_{it -1} )} \\ &\Delta n_{it} = h_{it} - s_{it} \end{aligned}$$

Diese Standardisierung bewirkt, dass die Raten zwischen −2 und 2 liegen. Die (Brutto) Arbeitskräftefluktuationsrate h it +s it ist schließlich gerade um den Umfang des Churnings größer als Δn it .

Die Entstehung und der Abbau von Arbeitsplätzen wurde in einer Reihe von Studien (Davis und Haltiwanger 1999) auf der Betriebsebene analysiert; wobei meistens die Methodik von Davis und Haltiwanger (1992) verwendet wurde. Eine kleinere, aber wachsende Zahl von Forschungsarbeiten untersuchen die Arbeitskräfte- und die Arbeitsplatzmobilität auch unter Verwendung von Linked-Employer-Employee Datensätzen (Bellmann et al. 2011).

Ein zentrales Ergebnis der existierenden Studien besteht darin, dass sich die Arbeitskräftemobilität zwischen den USA und anderen Ländern stark unterscheidet. Dabei gibt es aber auch für die USA selber recht unterschiedliche Schätzergebnisse. Pries und Rogerson (2005) fassen die Resultate dahingehend zusammen, dass die Arbeitskräftemobilität in den USA 1,5 bis 2,5 mal größer ist als in Europa. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Studien für einzelne Länder oftmals für die Ermittlung der Arbeitskräfte- und der Arbeitsplatzmobilität auf Daten aus unterschiedlichen Quellen angewiesen sind (Haltiwanger und Vodopivec 2002; Bassanini und Marianna 2009).

Abowd et al. (1999) untersuchen mit Linked-Employer-Employee Daten 1700 französische Betriebe mit 50 und mehr Beschäftigten, für den Zeitraum 1987 bis 1990. Sie zeigen, dass in diesen Betrieben die Schaffung eines Arbeitsplatzes durchschnittlich mit drei Einstellungen und zwei Entlassungen verbunden ist. Im Unterschied dazu geht der Abbau eines Arbeitsplatzes durchschnittlich mit einer Einstellung und zwei Entlassungen einher. Beschäftigungsänderungen gehen somit in erster Linie mit einer Variation der Einstellungen einher.

Burgess et al. (2001) finden auf der Basis von Quartalsdaten für den US-Bundesstaat Maryland, dass der Beschäftigungsabbau – anders als von Abowd et al. (1999) für Frankreich berechnet – mit einer Variation der Entlassungen und weniger der Einstellungen verbunden ist. Burgess et al. (2001) führen diese Unterschiede zwischen den USA und Frankreich auf den verhältnismäßig starken Kündigungsschutz in Frankreich und den geringen Kündigungsschutz in den USA zurück. Die Studie von Davis et al. (2006) bestätigt dieses empirische Ergebnis für die USA, wobei nach ihren Berechnungen der Abbau von Arbeitsplätzen im Prinzip mit einer 1:1 Variation der Entlassungen einher geht.

Für Deutschland wurden die Beziehungen zwischen der Beschäftigungsentwicklung und Arbeitskräftemobilität von Bauer und Bender (2004), Bauer et al. (2007) und Alda et al. (2005) untersucht. Dabei haben die zuletzt genannten Autoren eine wesentlich niedrigere Churningrate für die Niederlande im Vergleich zu Deutschland ermittelt. Die Autoren haben diesen Unterschied auf die stärkere Nutzung von befristeten Arbeitsverträgen, auch im Zusammenhang mit Ausbildungsverträgen, und die stärkere Verbreitung von Betriebsräten in Deutschland zurückgeführt.

3 Daten

Das IAB-Betriebspanel wird seit 1993 in Westdeutschland und seit 1996 in Ostdeutschland erhoben (Fischer et al. 2009). Mittlerweile beträgt die Anzahl der befragten Betriebe fast 16.000. Die Interviews werden persönlich-mündlich durchgeführt, so dass eine sehr gute Datenqualität und ein hoher Rücklauf, der bei wiederholt befragten Betrieben über 85 % liegt, erreicht wird. Als Ziehungsgrundlage wird die Betriebsdatei der Beschäftigtenstatistik der BA verwendet, in der die Gesamtheit aller Betriebe mit mindestens einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten enthalten ist – unabhängig von ihrer Größe und ihrem Wirtschaftszweig.

Die Frage nach der Anzahl der Einstellungen bezieht sich jeweils auf die erste Hälfte eines Kalenderjahres; in einigen Erhebungswellen wird auch nach der Qualifikation der eingestellten Beschäftigten gefragt. Bei den Kündigungen und Entlassungen wird nach einer Reihe von Gründen differenziert. Damit ergibt sich im Unterschied zu den administrativen Daten die Möglichkeit zwischen arbeitgeber- und arbeitnehmerseitig initiierten Kündigungen und Entlassungen zu unterscheiden.

Wir verwenden für Westdeutschland die Daten von 1993 bis 2009 und für Ostdeutschland von 1996 bis 2009. Damit können wir Analysen über mehrere konjunkturelle Boom- und Rezessionsphasen durchführen. Wir beschränken uns auf die Betriebe im Privatbesitz mit gültigen plausiblen und konsistenten Angaben zu Einstellungen, Kündigungen und Entlassungen sowie Beschäftigungsangaben. Insgesamt können wir die Daten von 38.368 Betrieben mit 151.766 Beobachtungen über die Beobachtungsjahre verwenden. Der relativ lange Beobachtungszeitraum von maximal 17 Jahren führt dazu, dass nur wenige Betriebe vorliegen, die über den Gesamtzeitraum an der Befragung teilgenommen haben. Die Struktur der neu hinzugekommenen und der ausgeschiedenen Betriebe unterscheidet sich von der Struktur der Betriebe, die während des gesamten Zeitraums am IAB-Betriebspanel teilgenommen haben. Insgesamt steigt die Anzahl der Betriebe in der Stichprobe – auch wegen der Berücksichtigung der ostdeutschen Betriebe ab 1996. Für unsere Analysen konzentrieren wir uns auf innerbetriebliche Veränderungen.

In der Tab. 1 sind Maßzahlen der jährlichen Arbeitskräfte- und Arbeitsplatzmobilität für verschiedene Betriebstypen präsentiert. Die Zahlen ergeben sich aus den Antworten auf die Frage, ob die Betriebe im ersten Halbjahr des jeweiligen Befragungsjahres Personen eingestellt haben, bzw. Beschäftgte ausgeschieden sind. Diese Informationen können mit denen aus der Studie von Davis et al. (2006, Tab. 2) verglichen werden. Um die Veränderung der Struktur der Stichprobe zu berücksichtigen, werden die Betriebe entsprechend gewichtet. Da es sich allerdings bei den Zahlen von Davis et al. (2006) um jährliche Angaben handelt, multiplizieren wir unsere Angaben mit dem Faktor zwei.

Tab. 1 Durchschnittliche jährliche Arbeitskräftefluktuationsraten

Für Deutschland ergibt sich eine Einstellungsrate von 12,8 % und eine Entlassungsrate von 10,6 %, sodass sich die auf das Jahr bezogene Arbeitsplatzmobilitätsrate auf nur 23,4 % beläuft. Nach Davis et al. (2006) dagegen beträgt die jährliche Rate der Arbeitsplatzmobilität in den USA über 70 %. Schließlich sieht man, dass die Raten über unterschiedliche Betriebstypen variieren.

In der Tab. 1 wird auch nach den arbeitgeberinitiierten Entlassungen und arbeitnehmerinitiierten Kündigungen differenziert. Das Verhältnis von Entlassungen zu Kündigungen erweist sich als sehr ähnlich zu den USA, wobei Entlassungen im Baugewerbe am wichtigsten sind.

Als Robustheitschecks wurden die entsprechenden Angaben der Beschäftigtenstatistik der BA (Bender et al. 2000) für die Einstellungs- und Abgangsraten ermittelt. Dabei ist es auch möglich die unterjähliche Fluktuation von Arbeitskräften und Arbeitsplätzen zu berücksichtigen. Hierbei zeigen sich weitgehende Übereinstimmungen zwischen den Ergebnissen aus beiden Datensätzen, wenngleich die Niveaus der Maßzahlen etwas höher ausfallen.

Im letzten Abschnitt der vorliegenden Arbeit werden wir zusätzlich noch auf Daten der Beschäftigtenstatistik zurückgreifen, um zu untersuchen, welche Beschäftigten bei Personalfluktuationen am ehesten betroffen sind.

4 Zusammenhang zwischen Arbeitsplatz- und Arbeitskräftefluktuation

In Abb. 1 zeigen wir den Zusammenhang zwischen Beschäftigungswachstum und den Personalabgängen sowie den Personalzugängen auf Basis des IAB Betriebspanels. Die Darstellung basiert dabei auf Regressionen der Personalzugangsraten und der Personalabgangsragten auf eine Vielzahl von Dummyvariablen, die jeweils für bestimmte Bandbreiten von Beschäftigungswachstumsrate stehen (die Bandbreiten betragen dabei jeweils zwei Prozentpunkte). Die Regressionen enthalten weiterhin Jahresdummies und betriebsspezifische „fixed effects“. Die Regressionsgleichung für die Einstellungsraten sieht dabei folgendermaßen aus:

$$h_{it} = \alpha_{i} + D_{it}^{n'} \beta+ T'_{t} \tau+ \varepsilon _{it}. $$

Bei h it handelt es sich um die (standardisierte) Einstellungsrate zwischen den Zeitpunkten t−1 und t für den Betrieb i. Parameter α i ist ein betriebsspezifischer Achsenabschnitt, \(D_{it}^{n'}\) ein Vektor mit den Dummies für die unterschiedlichen Beschäftigungsänderungsraten, \(T'_{t}\) steht für einen Vektor der die Zeitdummies enthält und bei ε it handelt es sich schließlich um den Fehlerterm. Die Koeffizientenvektoren β und τ werden nach einer Within-Transformation mit Hilfe von OLS geschätzt. Die Regression für die Abgangsraten ist analog spezifiziert.

Abb. 1
figure 1

Beschäftigungswachstum, Personalzugänge (grüne Linie) und Personalabgänge (rote Linie). Eigene Berechnungen auf der Grundlage des IAB-Betriebspanels 1993–2009 unter Kontrolle von Zeitdummies und betriebsspezifischen fixed effects

In Abb. 1 ist hervorzuheben, dass die Beziehung zwischen Beschäftigungsänderungen und Personalfluktuationen weitestgehend der in Davis et al. (2006, Abb. 6) für die Vereinigten Staaten entspricht. Die Personalabgangsrate für schrumpfende Betriebe entspricht überwiegend der Personalzugangsrate bei wachsenden Betrieben, d. h. anders als etwa in Frankreich (siehe hierzu insbesondere Abowd et al. 1999), passen die Betriebe in Deutschland offenbar ihre Beschäftigung nicht in erster Linie über eine Variation der Personalzugangsraten an, sondern die Variation der Personalabgangsraten scheint genauso wichtig zu sein. Eine solche Symmetrie für die Personalzugangsraten und die Personalabgangsraten findet sich für Deutschland auch in Bachmann et al. (2013). Inwieweit die Unterschiede zwischen Abowd et al. (1999) und den Ergebnissen, die hier präsentiert werden, auf Unterschiede in den Daten oder auf strukturelle Unterschiede zwischen Deutschland und Frankreich, etwa in den institutionellen Ausstattungen, zurückzuführen sind, kann an dieser Stelle nicht beantwortet werden.

Der Beschäftigungsanpassungsmechanismus ist vor dem Hintergrund der obigen Grafik leicht beschrieben: Eine Erhöhung des Beschäftigungsniveaus geht mit einer Erhöhung der Personalzugangsraten einher, eine Anpassung der Personalabgangsraten spielt eine untergeordnete Rolle. Eine Reduktion des Beschäftigungsniveaus hingegen geht mit einer Erhöhung der Personalabgangsraten einher, während eine Anpassung der Personalzugangsraten in diesem Zusammenhang eine geringe Bedeutung hat.Footnote 2 Auch hier lässt sich wieder die sehr niedrige Churningrate erkennen, die sich an der Personalzugangs- und Personalabgangsrate bei einem Beschäftigungswachstum von Null ablesen lässt. Diese sehr niedrige Churningrate dürfte die Betriebe letztlich dazu zwingen, Beschäftigungsanpassungen nach unten über eine Variation der Personalabgangsrate zu realisieren. Dieses Ergebnis passt sehr gut zu den Befunden von Gartner et al. (2012), wonach die niedrigen deutschen Arbeitsmarktflüsse auf aggregierter Ebene dafür verantwortlich sein könnten, dass die Personalabgangsraten in Deutschland über den Konjunkturzyklus volatiler sind als in den USA. Abschließend sei noch darauf hingewiesen, dass das hier identifizierte Muster stabil über unterschiedliche Betriebsgrößenklassen, Sektoren, Regionen, betriebsstrukturelle Merkmale und Zeiträume ist (Bellmann et al. 2011).

In einem weiteren Schritt wollen wir den Zusammenhang zwischen Beschäftigungswachstum und der Personalfluktuation auf der Grundlage der Beschäftigtenstatistik berechnen und mit den Ergebnissen in Abb. 1 vergleichen. Abbildung 2 stellt einen solchen Vergleich an. Es zeigt sich, dass das beobachtete Churning in der Beschäftigtenstatistik deutlich höher ist als in den Betriebsdaten. Über die Gründe kann an dieser Stelle nur spekuliert werden. So wäre es durchaus vorstellbar, dass einerseits Befragungsdaten die Churningrate systematisch unterschätzen, da sehr kurzfristige Ein- und Ausstellungen aus der Wahrnehmung des betrieblichen Repräsentanten verschwinden, in der amtlichen Statistik hingegen nicht verloren gehen. Andererseits wäre auch die Frage zu stellen, inwieweit eben mit den Befragungsdaten das „relevante“ Churning beobachtet wird. „Relevant“ in dem Sinne, dass es in der Wahrnehmung bzw. dem Bewusstsein der Betriebe auftaucht und somit in die Entscheidungsfindung einfließt. Nichtsdestotrotz bleibt der eigentlich interessante Befund erhalten, wonach ein Beschäftigungsabbau in erster Linie mit einer Erhöhung der Personalabgänge einhergeht.

Abb. 2
figure 2

Beschäftigungswachstum, Personalzugänge (linke Seite), Personalabgänge (rechte Seite). Eigene Berechnungen auf der Grundlage des IAB-Betriebspanels 1993–2009 und der Beschäftigtenstatistik (1992–2007) unter Kontrolle von Zeitdummies und betriebsspezifischen fixed effects

5 Personalabgangsraten nach Personengruppen

Insgesamt überraschen die oben präsentierten Ergebnisse vor dem Hintergrund des vergleichsweise ausgeprägten Kündigungsschutzes in Deutschland (OECD 2004; Venn 2009) Gleichwohl gelten modifizierte Regelungen für kleinere Betriebe und bestimmte Typen von Arbeitsverträgen, z. B. befristete Beschäftigungsverhältnisse. Während sich für die Wirksamkeit bestimmter gesetzlicher Schwellenwerte wenig empirische Evidenz findet (Kölling et al. 2001; Verick 2004; Koller et al. 2007; Boockmann et al. 2008), erreicht der Anteil der Neueingestellten mit befristetem Arbeitsvertrag nach den Ergebnissen des IAB-Betriebspanel 2011 einen bemerkenswert hohen Anteil von 45 % (Bechmann et al. 2012, 37). Überdies sollten Humankapitalinvestitionen Betriebe davon abhalten, Beschäftigungsreduktionen über Freisetzungen zu realisieren. So fallen Kosten zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an; diese werden während der Beschäftigungsdauer durch entsprechende Lohnabschläge kompensiert. Deshalb sollten Betriebe bei einem temporären negativen Schock dazu neigen, die Arbeitskräfte (zunächst) weiterzubeschäftigen, um die Humankapitalinvestition zu erhalten. Dabei wird die Wahrscheinlichkeit einer Weiterbeschäftigung umso höher sein, je größer die vorgenommene Investition war und je geringer die erwartete Dauer des temporären Schocks ist.

Der Anpassungsmechanismus, insbesondere über die Erhöhung der Personalabgangsraten, bedarf einer weiteren Betrachtung. Deshalb soll im Folgenden noch der Frage nachgegangen werden wie dies möglich ist, bzw. ob es bestimmte Personengruppen gibt, die eher dieser Anpassung ausgesetzt sind. Als Datengrundlage dient die Beschäftigtenstatistik 1992–2007. Wir unterscheiden dabei nach Betriebszugehörigkeitsdauer, Alter, Ausbildung, Lohnhöhe und Arbeitsvertrag.

Die Beschäftigungsdauer steht a priori in einem direkten Zusammenhang mit dem Kündigungsschutz und dem Umfang an Humankapitalinvestitionen, die untrennbar an den jeweiligen Beschäftigten gebunden sind. Das bedeutet, dass mit steigender Betriebszugehörigkeitsdauer der Kündigungsschutz stärker und der Humankapitalbestand höher werden. Je jünger ein Beschäftigter ist, desto eher dürfte es sich um einen Berufsanfänger handeln. Überdies erwartet man bei jüngeren Beschäftigten, die noch nicht so lange im Betrieb sind, eine größere Mobilitätsneigung. Insgesamt sollten somit bei Beschäftigten mit geringer Betriebszugehörigkeitsdauer und Jüngeren die Abgangsraten höher sein. Abbildung 3 stellt die Personalabgangsraten für unterschiedliche Betriebszugehörigkeitsdauern und unterschiedliche Altersgruppen dar.

Abb. 3
figure 3

Beschäftigungswachstum und Personalabgänge getrennt nach Betriebszugehörigkeit (linke Seite) und Alter (rechte Seite). Eigene Berechnungen auf der Grundlage der Beschäftigtenstatistik 1992–2007 unter Kontrolle von Zeitdummies und betriebsspezifischen fixed effects

Es zeigt sich (siehe linke Seite von Abb. 3), dass Beschäftigte, die länger als 15 Jahre im Betrieb sind, deutlich niedrigere Personalabgangsraten aufweisen als Beschäftigte, die weniger als ein Jahr im Betrieb sind. Besonders auffällig ist, dass die Personalabgangsraten für Personen, die länger als 15 Jahre im Betrieb sind, zunächst in einem sehr schwachen Zusammenhang zu der Beschäftigungsentwicklung stehen. Das bedeutet, bis eine gewisse Schwelle des Beschäftigungsabbaus erreicht ist, wird dieser in erster Linie durch den Abgang von Personen erreicht, die höchstens 15 Jahre im Betrieb sind. In einem starken negativen Zusammenhang zur Beschäftigungsentwicklung steht die Abgangsrate bei den Beschäftigten, die weniger als ein Jahr im Betrieb sind. Dieses Ergebnis ist zu erwarten, da der Kündigungsschutz mit der Betriebszugehörigkeitsdauer zunimmt (siehe hierzu auch Jahn 2005) und diese Mitarbeitergruppe somit nur einen schwachen Kündigungsschutz haben dürfte. Ein ähnliches Muster zeigt sich zunächst bei den Personalabgangsraten jüngerer im Vergleich zu älteren Beschäftigten. So sind diese für jüngere insgesamt höher. Dies steht im Einklang mit der oben formulierten Vermutung, wonach jüngere Beschäftigte einen geringeren Humankapitalbestand haben. Gleichzeitig ist das Alter natürlich auch mit der Betriebszugehörigkeit korreliert, so dass hier zusätzlich noch die Wirkung des Kündigungsschutzes eine Rolle spielen dürfte.

In einem weiteren Schritt betrachten wir zum einen die Abgangsraten nach Art des höchsten allgemeinen Schulabschluss und nach der Lohnhöhe (oberes 20 % Quantil vs. unteres 20 % Quantil). Dabei zeigt sich (Abb. 4) der erwartete Zusammenhang: So haben Personen mit Hochschulabschluss eine niedrigere Abgangsrate als solche ohne und Personen mit einem höheren Lohn weisen ebenfalls eine niedrigere Abgangsrate auf als Personen mit niedrigerem Lohn.

Abb. 4
figure 4

Beschäftigungswachstum und Personalabgänge getrennt nach Ausbildung (linke Seite) und Löhne (rechte Seite). Eigene Berechnungen auf der Grundlage der Beschäftigtenstatistik (1992–2007) unter Kontrolle von Zeitdummies und betriebsspezifischen fixed effects

Schließlich betrachten wir noch die Abgangsraten nach unterschiedlichen „Vertragstypen“(Abb. 5): Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ohne Auszubildende und geringfügig Beschäftigte. Auch hier ergibt sich das erwartete Muster. Die Geringfügig Beschäftigten weisen eine deutlich höhere Abgangsrate auf, was vor dem Hintergrund einleuchtet, dass diese Beschäftigtengruppe gerade eingesetzt wird um schnelle Beschäftigungsanpassungen zu ermöglichen.

Abb. 5
figure 5

Beschäftigungswachstum und Personalabgänge getrennt nach unterschiedlichen Arbeitsverträgen. Eigene Berechnungen auf der Grundlage der Beschäftigtenstatistik (1992–2007) unter Kontrolle von Zeitdummies und betriebsspezifischen fixed effects

Somit zeigen die hier vorgelegten Analysen, dass von einem Beschäftigungsabbau insbesondere jüngere Personen mit geringerer Betriebszugehörigkeitsdauer, niedrigerem Ausbildungsniveau, niedrigerem Lohn und geringfügig Beschäftigte betroffen sind. Dies war zu erwarten. Viel überraschender ist allerdings, dass auch Personen vom Beschäftigungsabbau betroffen sind, die eine hohe Betriebszugehörigkeitsdauer aufweisen, älter sind, über ein höheres Einkommen verfügen, ein höheres Bildungsniveau aufweisen und in einem Normalarbeitsverhältnis stehen. Zur Erklärung dieser Befunde sind weitere Analysen notwendig.

6 Schlussfolgerungen

In diesem Aufsatz haben wir für Deutschland die Zusammenhänge zwischen der betrieblichen Beschäftigungsentwicklung, den Einstellungen und Entlassungen unter Verwendung der Daten des IAB-Betriebspanels und der Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) untersucht. Die Zusammenhänge sind auch zentral für die international vergleichende Analyse der Dynamik der Arbeitslosigkeit.

Die zentralen Ergebnisse der Studie sind folgende: Erstens ist die Anzahl der Einstellungen und Freisetzungen in Deutschland wesentlich geringer als in den USA. Zweitens ergeben sich aus den Analysen große Übereinstimmungen zu den Ergebnissen von Davis et al. (2006) im Hinblick auf die Beziehungen zwischen Beschäftigungsänderungen und Personalfluktuation: Die Personalabgangsraten für schrumpfende Betriebe entsprechen weitestgehend den Personalzugangsraten bei wachsenden Betrieben. Damit finden wir ähnliche Unterschiede wie Davis et al. (2006) im Vergleich zu Frankreich, wo die Betriebe nach Abowd et al. (1999) ihre Beschäftigung in erster Linie über eine Variation der Personalzugangsraten anpassen. Drittens zeigen sich für das beobachtete Churning auf der Basis der Daten der Beschäftigtenstatistik deutlich höhere Werte als auf der Basis des IAB Betriebspanels. Viertens ergibt sich aus unseren Analysen, dass von einem Beschäftigungsabbau insbesondere jüngere Personen mit geringerer Betriebszugehörigkeitsdauer, niedrigerem Schulabschluss, geringerem Lohn und geringfügig Beschäftigte betroffen sind. Allerdings sind an dieser Stelle noch weitere Untersuchungen notwendig. Auch wäre die Annahme, dass alle Arbeitsplätze identisch sind und keine Stelle unbesetzt bleibt, noch weiter zu hinterfragen. So dürfte ein erhöhter Fachkräftebedarf Einfluss auf den Zusammenhang zwischen Einstellungen/Entlassungen und Beschäftigungsänderungen haben. Hier wäre dann auch noch genauer nach freiwilligen/unfreiwilligen Kündigungen zu unterscheiden.

Auf unserer Forschungsagenda steht dementsprechend eine vertiefte Betrachtung der Abgangsgründe aus einem Beschäftigungsverhältnis und der Charakteristika der freigesetzten Personen. Auch sollten weitere Studien die Dynamik der Beschäftigungsanpassungen näher beleuchten. Denkbar wäre etwa, dass Beschäftigungsänderungen aufgrund von Kündigungsschutzregeln über einen längeren Zeitraum gestreckt werden. Diese Fragen können nur dann beantwortet werden, wenn man die Daten des IAB-Betriebspanels und der Beschäftigtenstatistik kombiniert. Schließlich kooperieren wir mit einer von der OECD organisierten Gruppe von Wissenschaftlern aus Kanada, Dänemark, Frankreich, Italien, Japan, Neuseeland Portugal und den USA um international vergleichende Analysen durchzuführen und die Rolle bestimmter Arbeitsmarktinstitutionen, wie dem Kündigungsschutz und den industriellen Beziehungen, untersuchen zu können.

Kurzfassung

Es wird oft behauptet, dass ein entscheidender Unterschied zwischen dem US-amerikanischen und den kontinental-europäischen Arbeitsmärkten in der betrieblichen Anpassungsfähigkeit des Beschäftigungsniveaus besteht. Beispielsweise argumentieren Pries und Rogerson (2005), dass die Arbeitskräftemobilität in Europa wesentlich niedriger sei als in den USA, obwohl sich die Arbeitsplatzmobilität ähnele; dies könne teilweise durch politische Maßnahmen und institutionelle Unterschiede wie Mindestlöhne und Entlassungskosten erklärt werden. In Europa sind die Eintrittsraten in die Arbeitslosigkeit geringer, dafür ergeben sich aber auch längere Arbeitslosigkeitsdauern. Die betrieblichen Einstellungs- und Entlassungsraten sind in Europa ebenfalls niedriger als in den USA. Ein tieferes Verständnis für den Zusammenhang zwischen der Beschäftigungsentwicklung auf der einen Seite und den Einstellungen und Entlassungen auf der anderen Seite ist schließlich wichtig, um die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in Rezessionen und Boomphasen abschätzen zu können.

Grundsätzlich können Betriebe ihre Beschäftigung sowohl über eine Variation der Einstellungen als auch der Entlassungen anpassen, d. h. Reduktionen des Beschäftigungsniveaus können etwa über Einstellungsstopps auf der einen und mehr Entlassungen auf der anderen Seite realisiert werden. Aufgrund des strikten Kündigungsschutzes in Deutschland würde man erwarten, dass eine Reduktion des Beschäftigungsniveaus eher über eine Verringerung der Einstellungen herbeigeführt wird und die Personalbewegungen insgesamt in Deutschland etwas niedriger ausfallen als etwa in den USA.

In unseren Analysen auf der Grundlage des IAB-Betriebspanels zeigt sich tatsächlich, dass der Anteil der Einstellungen und Freisetzungen in Deutschland insgesamt wesentlich geringer ist als in den USA. Auch ergeben sich aus den Analysen große Übereinstimmungen zu den Ergebnissen von Davis et al. (2006), die auf US-amerikanischen Daten beruhen, und zwar im Hinblick auf die Beziehungen zwischen Beschäftigungsänderungen und Personalfluktuation: Die Personalabgangsraten für schrumpfende Betriebe entsprechen dabei weitestgehend den Personalzugangsraten in wachsenden Betrieben. Damit finden wir einen klaren Unterschied zu Frankreich, wo die Betriebe nach den Ergebnissen von Abowd et al. (1999) ihre Beschäftigungsanpassungen in erster Linie über eine Variation der Personalzugangsraten anpassen.

Ein weiterer Befund besteht darin, dass die beobachteten Churningraten auf der Basis der Daten der Beschäftigtenstatistik deutlich höhere Werte aufweisen als auf der Basis des IAB-Betriebspanels. Wenngleich man über die Gründe an dieser Stelle nur spekulieren kann. So wäre es durchaus vorstellbar, dass einerseits Befragungsdaten die Churningrate systematisch unterschätzen, da sehr kurzfristige Ein- und Ausstellungen aus der Wahrnehmung des betrieblichen Repräsentanten verschwinden, in administrativen Daten hingegen nicht verloren gehen. Andererseits wäre auch die Frage zu stellen, inwieweit eben mit den Befragungsdaten das „relevante“ Churning beobachtet wird. „Relevant“ in dem Sinne, dass es in der Wahrnehmung bzw. dem Bewusstsein der Betriebe auftaucht und somit in ihre Entscheidungsfindung einfließt. Nichtsdestotrotz bleibt der eigentlich interessante Befund erhalten, wonach ein Beschäftigungsabbau in erster Linie mit einer Erhöhung der Personalabgänge einhergeht.

Insgesamt überraschen die Ergebnisse vor dem Hintergrund des vergleichsweise ausgeprägten Schutz gegen Kündigungen in Deutschland (OECD 2004; Venn 2009). Gleichwohl gelten modifizierte Regelungen für kleinere Betriebe und bestimmte Typen von Arbeitsverträgen, z. B. befristete Beschäftigungsverhältnisse. Es wird also Konstellationen geben, die eine Beschäftigungsanpassung über eine Erhöhung der Entlassungen begünstigen und andere, bei denen dies nicht der Fall ist. Beispielsweise sollten Humankapitalinvestitionen Betriebe eher davon abhalten, Beschäftigungsreduktionen über Freisetzungen zu realisieren. So fallen Kosten zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an; diese werden während der Beschäftigungsdauer durch entsprechende Lohnabschläge kompensiert. Deshalb erscheint es naheliegend, dass Betriebe bei einem temporären Schock dazu neigen, die Arbeitskräfte (zunächst) weiterzubeschäftigen, um die Humankapitalinvestition zu erhalten. Dabei wird die Wahrscheinlichkeit einer Weiterbeschäftigung umso höher sein, je größer die vorgenommene Investition war und je kürzer die erwartete Dauer des temporären Schocks ist.

Im letzten Schritt betrachtet der Beitrag den betrieblichen Anpassungsmechanismus, insbesondere die Variation der Personalabgangsrate noch genauer. Dazu wird der Frage nachgegangen, wie eine solche Anpassung unter den gegebenen institutionellen Bedingungen möglich ist, bzw. ob es bestimmte Personengruppen gibt, die stärker von Entlassungen bedroht sind. Als Datengrundlage dient die Beschäftigtenstatistik 1992–2007. Wir unterscheiden dabei nach Betriebszugehörigkeitsdauer, Alter, Ausbildung, Lohnhöhe und Beschäftigungsform. Es zeigt sich dabei, dass von einem Beschäftigungsabbau insbesondere jüngere Personen mit geringerer Betriebszugehörigkeitsdauer, niedrigerem Qualifikationsniveau, niedrigerem Lohn und geringfügig Beschäftigte betroffen sind. Dies war zu erwarten. Viel überraschender ist allerdings, dass auch Personen vom Beschäftigungsabbau betroffen sind, die eine hohe Betriebszugehörigkeitsdauer aufweisen, älter sind, über ein höheres Einkommen verfügen, ein höheres Qualifikationsniveau aufweisen und in einem Normalarbeitsverhältnis beschäftigt sind. Zur Erklärung dieser Befunde sind weitere Analysen notwendig. Insbesondere wäre nach arbeitgeber- und arbeitnehmerinitiierten Kündigungen zu unterscheiden.

Executive Summary

It is often claimed that a key difference between labour markets in the US and those in continental Europe is the ease with which employers can adjust their workforce. For example, Pries und Rogerson (2005) argue that worker turnover in Europe is much lower than in the US, even though job turnover is similar, and this can be partly explained by policy and institutional differences such as minimum wages and dismissal costs. Therefore, unemployment entry rates are lower but unemployment durations are longer in European countries. On the firm level, hirings and separation rates are lower. A deeper understanding of the interrelationship between employment changes and worker flows is important in order to be able to predict the unemployment development over the business cycle.

Establishments can adjust their employment level by a variation of both, hirings and separations, i.e. a reduction of employment can be achieved by decreasing hirings or alternatively, increasing separations. Due to the strict dismissal protection in Germany, an employment reduction might be realized by the first option. Furthermore, we expect that the level of worker flows is much lower than in the US.

Based on the IAB Establishment Panel we show that the level of worker turnover is indeed lower than in the US. However, the interrelation between employment growth, separation and hirings is very similar to the results found by Davis et al. (2006) using data from the US. The separation rates for shrinking firms in principle mirror the hiring rates for growing firms. This is in a clear contrast to evidence for French establishments found by Abowd et al. (1999), where employment adjustments are usually achieved by a variation of hirings, but not by dismissals.

Furthermore, we compare the churning rates from the IAB establishment panel with the churning rates calculated on the basis of the official employment statistics. We thereby find much higher values for the latter one. While it is not possible to give a definite reason for this finding, one argument might be that survey data systematically underestimate churning, since (very) short run fluctuations disappear from the interviewee’s perception, whereas in the official statistics they are registered. On the other hand, it might be the case that the survey data just record the “relevant” churning. “Relevant” in the sense that it appears in the employer’s perception and therefore, enters the decision process. Nevertheless, the main result, i.e. a reduction in employment is above all achieved by a increase of separations.

Overall the results are a bit unexpected, if we take the institutional settings in Germany, e.g. the rigor dismissal protection legislation into account (OECD 2004; Venn 2009). However, the rules are significantly modified for small firms and for different types of employment agreements, e.g. temporary employment. Therefore, there might be circumstances which favor an employment adjustment via an increase in separations and other situations in which such a strategy seems to be unlikely. For instance, investments in human capital financed by the firm should create an incentive not to fire their workers. Hiring costs at the beginning of the employment relationship, which are compensated by wages below the workers’ productivity. Therefore, it seems to be plausible that establishments tend to hoard their labour force during temporary economic downturns in order to maintain returns generated by the investments in human capital. The probability for keeping a worker increases, if the sum of investments is higher and the expected duration of the downturn is lower.

In a last step our study focuses on the adjustment mechanism that has been identified above. Of special interest is the variation of the separation rate. We aim to answer the question how it is possible to choose such an adjustment strategy, given the German institutional context or whether there are employment groups which are more affected by this mechanism. Our analysis is based on the official employment statistics 1992–2007. We distinguish the employment groups according to tenure, age, education, wage and employment contract and are able to show that especially younger employees with low tenure, lower education level, and low wages and marginal employees are more often subject to separations. This is in line with our expectations. More surprisingly however is the fact that older employees with a higher tenure, higher wages and a higher education levels as well as regular employees are also sometimes subject to employment reductions via an increase in separations. In order to give detailed explanations for these phenomena, further investigations are necessary. Especially, differentiating between layoffs and quits might be important.

Notes

  1. Eine neuere Studie, die sich mit dem Konzept des Churnings auseinandersetzt und zudem empirische Ergebnissse auf der Grundlage des IAB Betriebspanels enthält, liegt von Hohendanner (2012) vor.

  2. Betrachtet man die Abb. 1, so liegt es nahe, die Symmetrie der beiden Kurven mit Hilfe linearer Regressionen für die Einstellungsraten

    $${h}_{it} = \alpha_{i}^{h} + \beta^{h} {D}_{it}^{+} \left( \Delta {n}_{it} \right) + \gamma^{h} {D}_{it}^{-} \left( \Delta {n}_{it} \right) + T'_{t} \delta^{h} + \varepsilon_{it}^{h} $$

    und die Abgangsraten

    $${s}_{it} = \alpha_{i}^{s} + \beta^{s} {D}_{it}^{+} \left( \Delta {n}_{it} \right) + \gamma^{{s}} {D}_{it}^{-} \left( \Delta {n}_{it} \right) + {T}_{{t}} ' \delta^{{s}} + \varepsilon_{it}^{{s}} $$

    zu testen. Die beiden Spezifikationen entsprechen weitestgehend den obigen. Der entscheidende Unterschied besteht darin, dass nun lediglich zwei Dummies für positive Änderungen der Beschäftigung \({D}_{it}^{+}\) und negative Beschäftigungsänderungen \({D}_{it}^{-}\) eingefügt und jeweils mit den Beschäftigungsänderungen multipliziert werden. Da β hβ s=γ hγ s=1 genügt es, wenn man nur eine Regression schätz. Es zeigt sich schließlich für β h ein Wert von 0,96. Somit ist eine Erhöhung des Beschäftigungswachstums um 10 %-Punkte mit einer Erhöhung der Einstellungsraten um 9,6 %-Punkte verbunden. Der Wert für γ s beträgt schließlich −0,90, so dass eine Reduktion der Beschäftigung um 10 %-Punkte mit einer Erhöhung der Abgangsrate um 9,0 %-Punkte einhergeht. Testet man diese Koeffizienten nun noch gegeneinander, so ergibt sich zwar, dass β h betragsmäßig signifikant höher ist als γ s, allerdings ist die ökonomische Relevanz dieser Differenz eher gering.

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Upward, R., Gerner, HD. & Bellmann, L. Beschäftigungsanpassung in deutschen Betrieben: Flexibler als gedacht?. J Labour Market Res 47, 71–81 (2014). https://doi.org/10.1007/s12651-013-0141-2

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